Die tödlichste Fluchtroute der Welt fordert jedes Jahr Tausende von Menschenleben. Allein in der ersten Hälfte 2023 starben fast 2.000 Menschen im Mittelmeer, weil die Grenzpolitik der Europäischen Union systematisch geltende Rechte verletzt. Statt Schiffbrüchigen beizustehen, praktiziert Frontex illegale Pushbacks, finanziert das gewaltvolle Vorgehen der libyschen Küstenwache und geht massiv gegen private Seenotrettungsmissionen vor, die dort tätig werden, wo die EU versagt. All das ist bekannt und medial belegt, und deshalb bleibt es unbegreiflich: Wie kann man Hunderten Menschen in Todesgefahr Hilfe verweigern, die zivilen Helfenden sogar bedrohen und kriminalisieren?
Angesichts dieser dramatischen Lage fasste der Regisseur Jonathan Schörnig den Entschluss, eine Seenotrettung als Echtzeitdokumentation auf die Leinwand zu bringen und zu zeigen, wie quälend lange es dauert, 104 Personen von einem sinkenden Gummiboot zu bergen. Mensch für Mensch, Schritt für Schritt begleitet der Film die Aktion mit mehreren parallelen Kameras. Mit dem Auftauchen der libyschen Küstenwache spitzt sich die Lage zu. Tagelang harren die Geretteten und die Crew auf hoher See aus, da kein Mittelmeerland ihnen erlaubt anzulegen. Erst nach einem schweren Sturm erbarmt sich ein Hafen und bietet den Erschöpften und Verzweifelten Zuflucht. Die dramatische Zeit auf See endet mit einer großen Erleichterung für alle Beteiligten, die nach tagelanger Unsicherheit und Gefahr endlich sicher an Land gehen können.
Was wie ein schlechtes Drehbuch klingt, ist tatsächlich – tägliche – Realität.
Nähere Infos hier: https://www.einhundertvier-film.de/ oder hier: https://ucm.one/de/einhundertvier/
Das KINOeins zeigt diesen Film in Kooperation mit Fluchtpunkt Bergedorf und lädt ein zum anschließenden Filmgespräch mit dem Seenotretter und Kapitän der “Nadir” Ingo Werth.
EINHUNDERTVIER
Ein Film von Jonathan Schörnig
D 2023 – 93 Min.
am 05.12. um 20 Uhr im SerrahnEINS, Serrahnstraße 1 in Bergedorf
Mit „Einhundertvier“ gewann Jonathan Schörnig die “Goldene Taube“ beim 66. Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm, den “Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts“, den “ver.di-Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness“, den Filmpreis “Leipziger Ring“ und zuletzt den Hauptreis “It’s all true” für den “besten internationalen Dokumentarfilm” auf dem Internationalen Dokumentarfilmfestival 2024, São Paolo.