„Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen. ….“

Diesen weisen Satz von Kurt A. Körber hat Olaf Wunder, Chefreporter der Hamburger Morgenpost (Mopo) und einer der Gewinner des Deutschen Journalistenpreises, in einem Artikel vom 2. Mai 2023 zwar zitiert, aber dann wohl doch ignoriert.

Genau das ist uns von Unteilbar-Bergedorf doch glatt durch die Lappen gegangen.

Zum Glück hat uns ein aufmerksamer Mopo-Leser darauf aufmerksam gemacht und uns seinen Leserbrief an die Mopo gleich mit zugesandt. Wir drucken diesen hier mit ab (s. unten).

Dass Olaf Wunder das passieren konnte, ist recht ungewöhnlich, denn in der Vergangenheit hat er durchaus Gespür für faschistische Gefahren bewiesen, z. B. 2016 mit seinem Artikel „Nazi-Siedler umzingeln Hamburg“ (Mopo, 03.07.2016), in dem er über die Siedlerstrategie von „Anhängern der faschistischen Blut-und-Boden-Ideologie“ berichtete.

Aber jetzt dies: Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des „Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten“ findet Wunder ausschließlich lobende Worte über Kurt A. Körber, der als „Mäzen, Stifter und Förderer viel Großartiges“ geleistet habe. Er berichtet von den „vielen dunklen Geheimnissen“, die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Geschichtswettbewerbs gelüftet haben und von den „vielen unbequemen Wahrheiten“ sowie von Tätern und Opfern. In diesem Zusammenhang hebt Wunder den „Hamburger Unternehmer Kurt A. Körber“ als Mitbegründer des Geschichtswettbewerbs hervor – abgebildet neben dem damaligen Bundespräsidenten Walter Scheel.

Zu den unbequemen Wahrheiten hätte natürlich u. a. die NSDAP-Mitgliedschaft Körbers gehört, der dieses dunkle Geheimnis so lange leugnete, bis es nicht mehr zu leugnen war, dass er im Zweiten Weltkrieg eine Zigarettenmaschinenfabrik zu einem Rüstungsbetrieb umwandelte und dass er anlässlich seines 80. Geburtstages sagte: “Ich wollte den Krieg gewinnen; dafür habe ich gearbeitet, Tag und Nacht.” Hier sei auf den Artikel vom 24.11.2022 auf unserer Website verwiesen: „Warum die Benennung des neuen Hauses nach Kurt A. Körber falsch ist“. (https://unteilbar-bergedorf.org/2022/11/24/warum-die-benennung-des-neuen-hauses-nach-kurt-a-koerber-falsch-ist/)

Das Körber-Zitat geht noch weiter: “Wer die Gegenwart nicht versteht, kann die Zukunft nur mit verbundenen Augen gestalten.“

Wie hier Vergangenheitskenntnis, Gegenwartsverständnis und Zukunftsgestaltung mit der Namensgebung bestimmter Straßen und wichtiger Einrichtungen in Bergedorf zusammenpassen, möge sich jede*r selbst zusammenreimen.


Leserbrief vom 03.05.2023 zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten,
Mopo vom 02.05.2023, S. 30/31

„Der Beitrag ihres Kollegen Olaf Wunder verWUNDERt mich sehr.
Mit keinem Wort wurde über das zweite Gesicht des Herrn Kurt A. Körbers berichtet, nämlich, dass er ein ziemlicher Nazi-Profiteur war.
Dies hätte absolute Erwähnung finden müssen, gerade im Kontext zum damaligen Thema „Alltag im Nationalsozialismus“.
Vielleicht wollte er nur der Körber-Stiftung etwas Gutes tun, oder auch die Stimmung am Donnerstag im Bundespräsidialamt nicht unnötig aufheizen.
Für einen damaligen „Aufklärer“ wie Herr Wunder anscheinend einer war, finde ich es sehr schade, dass heute nur noch eine Kurt A. Körber Lobhudelei übriggeblieben ist.
Parsifal von Pallandt“

Dazu die Anmerkung der Mopo-Redaktion:
„Herr von Pallandt hat recht. Wir hätten erwähnen sollen, dass Kurt A. Körber selbst tief verstrickt war in die NS-Kriegswirtschaft und ab 1940 auch Mitglied der NSDAP war. Dies holen wir hiermit nach.“ (Mopo 03.03.2023)

Wir danken Parsifal von Pallandt für seinen Hinweis und die Zusendung seines Leserbriefs.
Die Redaktion von Unteilbar-Bergedorf

Aus dem Artikel von Olaf Wunder in der MoPo am 3.7.2016:

„Nazi- Siedler umzingeln Hamburg

Von OLAF WUNDER
Es ist erschreckend, was sich da auf dem platten Land rund um Hamburg zusammenbraut … : Seit Jahren schon lassen sich “völkische Siedler” in der Lüneburger Heide, dem Wendland, vor allem aber in Mecklenburg nieder: Es sind Anhänger der faschistischen Blut-und-Boden-Ideologie. Harmlose Spinner könnte man meinen, gäbe es da nicht eine Strategie: Das Ziel ist die Herrschaft über die Dörfer.  … ”