Stahlboot mit 41 Menschen an Bord gesunken – drei Vermisste

Pressemitteilung vom 6. Mai 2023

38 Menschen von Fischern geborgen – Crew der Nadir versorgt medizinische Notfälle und steht danach fünf weiteren Booten mit 200 Menschen bei

Am Freitagabend wurde das Segelschiff Nadir per Funk zu einem Seenotfall gerufen, bei dem ein mit 41 Menschen besetztes Boot gesunken war und die Menschen im Wasser trieben. Beim Eintreffen der Nadir hatten drei Fischerboote bereits 38 der Schiffbrüchigen geborgen, von drei weiteren fehlte jede Spur. Die Nadir musste drei medizinische Notfälle an Bord nehmen, um sie adäquat versorgen zu können. Am späten Abend wurden alle von einem italienischen Küstenwachschiff geborgen. Im Anschluss betreute die Nadir fünf weitere Booten in Seenot mit insgesamt 193 Menschen an Bord, versorgte sie mit Rettungswesten und blieb bei ihnen, bis sie vier Stunden später von der italienischen Küstenwache evakuiert wurden.

Über einen Funkspruch von Fischern erfuhr die Crew des Segelschiffs Nadir der deutschen NGO Resqship am Freitag gegen 18 Uhr, dass wenige Meilen entfernt ein Boot mit Geflüchteten gesunken sei und die Menschen im Wasser trieben. Das Stahlboot war unterwegs von Sfax (Tunesien) nach Lampedusa und befand sich in der maltesischen SAR-Zone, als es sank. Als die Nadir die Position erreichte, zogen drei Fischerboote bereits die Menschen aus dem Wasser. Drei noch Vermisste wurden vergebens gesucht. Die Überlebenden standen unter Schock und waren durchgefroren. Unter ihnen sind viele Frauen, davon eine Schwangere mit starken Schmerzen. Drei weitere Frauen mussten dringend medizinisch versorgt werden, weshalb die Nadir sie zu sich an Bord evakuierte.

„Eine Frau war bewusstlos mit Atemproblemen und in einem sehr kritischen Zustand“, so Bordärztin Alina Bureau auf der Nadir. „Zwei weitere Menschen brauchten ebenfalls dringend medizinische Hilfe, sie waren stark unterkühlt, standen unter Schock und hatten Atem- und Kreislaufprobleme. Es gab noch weitere medizinische Fälle, etwa vier Menschen mit Verbrennungen sowie eine schwangere Frau. Doch da diese nicht in akuter Lebensgefahr schwebten, blieben sie auf den Fischerbooten, während wir uns um die dringenderen Fälle kümmerten.“

Umgehend nach Eintreffen der Nadir am Unglücksort hatte die Crew die zuständigen Behörden informiert und um Unterstützung gebeten. Es dauerte jedoch noch circa drei Stunden, bis Hilfe durch ein italienisches Küstenwachschiff kam. Da die medizinischen Notfälle stabilisiert worden waren, konnten alle Überlebenden von der Küstenwache übernommen werden.

Während die Nadir durch diesen Seenotfall gebunden war, waren weitere Boote in der Nähe in Seenot, denen die Crew in diesem Moment nicht helfen konnte. „Die aktuelle Situation zeigt wieder, dass alle aktiven Rettungskräfte, ob zivil oder staatlich, komplett überlastet sind und es massiv an Rettungskapazitäten mangelt. Gleichzeitig hindern die italienischen Behörden weiterhin die Schiffe der zivilen Seenotrettung an der Ausübung ihrer Arbeit und nehmen damit sehr bewusst den Verlust von Menschenleben in Kauf“, sagt Cat Spangehl, Kommunikationskoordinatorin auf der Nadir.

Unmittelbar nach Evakuierung der medizinischen Notfälle durch die italienische Küstenwache eilte die Nadir zu weiteren gemeldeten Seenotfällen in vier Seemeilen Entfernung und traf auf fünf Boote mit insgesamt 193 Menschen an Bord, darunter 46 Frauen, sechs Babys, drei Kinder und eine Person mit Behinderung. Die Crew verteilte Rettungswesten, alarmierte die Behörden und unterstützte die italienische Küstenwache bei der Bergung bis spät in die Nacht.

Bereits am frühen Samstagmorgen versorgte die Nadir ein weiteres Boot mit 35 Menschen in Seenot, das später ebenfalls von der italienischen Küstenwache abgeborgen wurde.

Dies war bereits der achte Einsatz der Crew der Nadir seit Beginn der aktuellen Beobachtungsmission vor gut einer Woche. Sie konnte damit insgesamt rund 450 Menschen in Seenot unterstützen. Für die drei vermissten Schiffbrüchigen kam am Freitagabend jedoch leider jede Hilfe zu spät.

Über RESQSHIP:
Resqship e. V. fährt seit 2019 Beobachtungsmissionen im zentralen Mittelmeer, um auf die prekäre Situation von Menschen auf der Flucht aufmerksam zu machen und Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Im Ernstfall leisten die Crews unterstützende Maßnahmen zur Seenotrettung und kommen damit ihrer maritimen Pflicht zu helfen nach.

Weitere Informationen zu RESQSHIP: https://resqship.org/ 
Pressekontakt: Andrea Finkel, Tel.: 0162-5954023
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