Nadir hilft 75 Menschen in Seenot

Auf Resqship-Beobachtungsmission verhindert Crew die Rückführung von Geflüchteten in Bürgerkriegsland Libyen

Am Sonntag rettete die Besatzung des deutschen Segelschiffs Nadir im zentralen Mittelmeer 75 Menschen vor der Rückführung in das Bürgerkriegsland Libyen. 74 Menschen hatte die Nadir zuvor in einem seeuntüchtigen Schlauchboot gefunden. Als die Crew die Erstversorgung dieser Menschen übernommen hatte, näherte sich die sogenannte libysche Küstenwache, die bereits weitere Geflüchtete an Bord hatte. Eine Person war von Bord des libyschen Küstenwachschiffs gesprungen und wurde umgehend vom Beiboot der Nadir gerettet. Alle 75 Menschen, die die Crew der Nadir vor der Rückführung in ein Bürgerkriegsland bewahren konnte, wurden später von der  Ocean Viking an Bord genommen.  

Die Nadir fand das Schlauchboot mit 74 Menschen an Bord, davon sechs Frauen und ein Jugendlicher, am Sonntagnachmittag ca. 50 Seemeilen nördlich von Tripolis in internationalen Gewässern. Der Motor war ausgefallen und das Boot war manövrierunfähig. Die Crew der Nadir übernahm die Erstversorgung der Menschen und die medizinische Notfallversorgung von zwei verletzten Personen. „Eine Frau hatte eine ca. handtellergroße, offene und vermutlich bereits stark infizierte Brandwunde am Fuß, ein älterer Mann eine Fraktur an der linken Hand. Beides sollte dringend behandelt werden“, berichtet Bordarzt Johannes.

Während die Crew mit der Erstversorgung beschäftigt war, tauchte zweimal ein Schiff der sogenannten libyschen Küstenwache auf. „Wir hatten das Schlauchboot längsseits genommen und damit unter den Schutz unseres Flaggenstaates gestellt. Die geforderte Übergabe der Überlebenden an die Libyer haben wir kategorisch abgelehnt, weil sie internationalem, EU- und deutschem Recht widerspricht“, erklärt Friedhold Ulonska, Skipper auf der Nadir. Das libysche Küstenwachschiff hatte bereits ca. 40 Geflüchtete an Bord, die es kurz zuvor von anderen Schlauchbooten aufgegriffen haben musste. Ein Mann sprang von Bord des Küstenwachschiffs, um der Rückführung nach Libyen zu entgehen. Das Beiboot der Nadir eilte ihm zu Hilfe und brachte ihn auf das Schlauchboot zu den anderen Überlebenden.

Die Ocean Viking von SOS Méditerranée war ebenfalls in der Region unterwegs und hatte sich bereits auf den Weg zur Nadir gemacht. Denn das 19 Meter lange Segelboot Nadir von Resqship e.V. ist für Beobachtungsmissionen ausgelegt, nach einer Erstversorgung von Menschen in Seenot aber auf die Hilfe anderer Schiffe angewiesen. Gegen 20:30 Uhr abends traf die Ocean Viking ein und nahm alle 75 Menschen aus dem Schlauchboot an Bord. Die Crew der Nadir ist erleichtert, dass sie die Menschen vor der Rückführung in libysche Folterlager bewahren konnte und hofft, dass die Ocean Viking bald einen sicheren Hafen für alle an Bord befindlichen Geretteten findet.  

Über RESQSHIP:
Resqship e. V. fährt seit 2019 Beobachtungsmissionen im zentralen Mittelmeer, um auf die prekäre Situation von Menschen auf der Flucht aufmerksam zu machen und Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Im Ernstfall leisten die Crews unterstützende Maßnahmen zur Seenotrettung und kommen damit ihrer maritimen Pflicht zu helfen nach.

Weitere Informationen zu RESQSHIP: https://resqship.org/  

Pressekontakt: Andrea Finkel, E-Mail: presse@resqship.org, Tel.: 0162-5954023