Wie kam es zur Abholzung der Platanen in der Serrahnstraße?

Der Stadtentwicklungsausschuss befasste sich in seiner Sitzung am 2.9.2015 im nichtöffentlichen Teil mit den Ergebnissen der Stadtwerkstatt Bergedorfer Hafen. Die aus dem Verfahren formulierten Baumaßnahmen rund um den Bergedorfer Hafen wurden mit groben Kostenschätzungen diskutiert. Es wurde beschlossen, die Maßnahmen Kupferhoftreppe sowie den Umbau der Serrahnstraße weiter zu entwickeln und gegebenenfalls umzusetzen, um die Attraktivität rund um den Bergedorfer Hafen zu stärken.

Der Stadtentwicklungsausschuss stimmte am 4.7.2018 dem Auslobungstext zum freiraumplanerischen Wettbewerbsverfahren einstimmig zu und ersuchte den Bezirksamtsleiter, das Verfahren durchzuführen.
Aus dem Auslobungstext zum freiraumplanerischen Wettbewerbsverfahren:

“Prägend für den Straßenraum sind hier die Platanenreihe entlang der Wasserkante, die historische Kaimauer und der historische Kran am Geländer zu den Wasserflächen. […] Der Baumbestand entlang der Serrahnstraße ist nicht geschützt, dennoch ist die Integration einiger der Platanen in den Entwurf wünschenswert; auch sollen weitergehend geeignete Bäume für diesen Standort vorgesehen werden.”

Unter dem Titel “Die neue Serrahnstrasse” erfolgte eine Einladung zur offenen Werkstatt am 31.8.2018 von 16.30 – 19.00 Uhr.

Alle diese sog. Beteiligungsverfahren wie “Gläserne Werkstatt”, “Stadtwerkstatt” oder “Offene Werkstatt” sind genauso wie die Anhörungen zu den Bebauungsplänen keine Mitwirkungsmöglichkeit für die Bürger:innen mit der Möglichkeit, etwas zu entscheiden. Hier können nur Ideen eingebracht und/oder Bedenken angemeldet werden. Aber immer nach dem unausgesprochenen Motto von Verwaltung und der großen Mehrheit der Politik: Reden dürft ihr, soviel ihr wollt, machen tun wir aber dann doch, was wir wollen. Es bleibt dann nur, wenn das nötige Geld dafür vorhanden ist, die Klage vor dem Verwaltungsgericht oder die Einleitung eines Volksbegehrens.

Das Juryergebnis vom 22.11.2018 wurde dem SEA am 5.12.2018 vorgestellt. Zitat aus dem Protokoll:

“Herr Heilmann verweist auf einen weiteren Überarbeitungshinweis, wonach geprüft werden sollte, ob die Platanen im Eingangsbereich des Übergangs zur Alten Holstenstraße erhalten werden könnten.”

Mich ärgerte diese ganze Entwicklung und ich überzeugte meine Fraktion Die Linke, der ich als parteiloser, direkt gewählter Abgeordneter angehörte, den folgenden Antrag zu stellen.

Drucksachen–Nr. 20-1752 vom 20.9.2018, Antrag an die BV von der Fraktion Die Linke:

“In der Zeitung konnten wir lesen, dass die Ausschreibung für die Neugestaltung des Serrahn den Architekturbüros auch die Freiheit lässt, Bäume zu fällen. Für uns ist nicht nur der Erhalt einiger der Platanen wünschenswert, sondern der Erhalt möglichst aller Bäume für eine “Aufwertung” zwingend erforderlich. Wir halten es daher für dringend geboten, alle vorhandenen Bäume zu erhalten, solange diese nicht aus Gründen der Standsicherheit etc. gefällt werden müssen. Eine Fällung von Bäumen aus gestalterischen Gründen muss ausgeschlossen werden. Vor diesem Hintergrund beantragen wir:
Petitum/Beschluss:
Die Bezirksversammlung beschließt:
1. Kein Baum in der Serrahnstraße darf gefällt werden, außer er stellt eine Gefährdung dar.
2. Die Ausschreibung wird dementsprechend geändert.”

“In der Zeitung konnten wir lesen” musste ich schreiben, weil ich aus dem nichtöffentlich beschlossenen Auslobungstext zum freiraumplanerischen Wettbewerbsverfahren zur Serrahnstraße nicht zitieren durfte.

Auszug aus dem Protokoll der BV mit der Diskussion zu meinem Antrag, die Platanen zu erhalten:

“TOP 11.1 Bäume am Serrahn Drucksache: 20-1752
Herr Sturmhoebel kritisiert, dass am Serrahn Bäume ohne Not aus ästhetischen Gründen
gefällt werden sollen. Er möchte ein Zeichen setzen und sich für den Erhalt der Bäume aussprechen. Gesunde, standsichere Bäume sollen erhalten bleiben.
Herr Omniczynski geht auf die Diskussion im Stadtentwicklungsausschuss ein. Der Text der
Auslobung der Umgestaltung Serrahn wurde dort beschlossen. Es ist vorgesehen, die Bäume entweder zu erhalten oder zu ersetzen. Platanen seien ökologisch nicht wertvoll. Sollte
der Antrag der LINKEN beschlossen werden, würde das bedeuten, dass der Auslobungstext
neu beschlossen werden müsste. Das sei nicht sinnvoll, weil es das Verfahren verzögern
würde. 
Frau Lühr wundert sich über den Antrag. Die Architektenbüros haben ihre Entwürfe vorgestellt, das Auswahlgremium hat getagt. Platanen seien keine heimischen Bäume und hätten deshalb keinen hohen ökologischen Wert. Bei Neupflanzungen müssen heimische Bäume gepflanzt werden. Sie lehnt den Antrag ab.
Herr Sturmhoebel hält es für einen Fehler, die Bäume zu fällen. Man könne das Verfahren
zur Freiraumgestaltung Serrahn doch verändern.
Der Antrag wird mehrheitlich bei den Ja-Stimmen der LINKEN abgelehnt.”

Der Stadtentwicklungsausschuss stimmte am 2.9.2020 der vorliegenden Entwurfsplanung zu und beauftragte den Bezirksamtsleiter, die weiteren Planungsschritte auf dieser Basis durchzuführen. Hier ein Ausschnitt aus dem Text:

“Der Stadtentwicklungsausschuss hat sich mit dem Thema Bergedorfer Hafen intensiv auseinandergesetzt. Eine Befassung fand im Mai 2013 statt, daraus resultierten mehrere Stadtwerkstätten. Das Engagement der Bergedorferinnen und Bergedorfer innerhalb und außerhalb der Stadtwerkstätten und auch die Bereitschaft, sich in die Stadtwerkstätten einzubringen, waren enorm hoch. Aus dieser Beteiligung heraus wurden „Neuen Lieblingsorte“ für eine mittelfristige Umsetzung definiert. Eine qualitativ hochwertige Neugestaltung der Serrahnstraße – als Promenade – gehörte unter anderem zu diesen Orten. […]
Ein wichtiges und von der Jury gewürdigtes Element des Entwurfs ist die Neubepflanzung der Baumreihe entlang der Häuserfronten, um den Hafencharakter stärker betonen zu können.  Dieses Entwurfselement sollte jedoch noch einmal überprüft werden, inwieweit ein Teil des alten Baumbestands der Platanen in den Eingangsbereichen erhalten werden könnte. Ein Erhalt wird nach gutachterlicher Überprüfung aus fachlichen, wirtschaftlichen und ästhetischen Gründen nicht empfohlen. Die Bautätigkeiten im Untergrund können sich auf einen langfristigen Erhalt der Bäume auswirken, die große Wuchshöhe der Platanen ist für den Standort untypisch und verursacht Konfliktpotenzial zwischen den Baumkronen und den Nachbargebäuden – ein hoher Zeit- und Kostenaufwand zur Baumpflege wird verursacht. Daneben haben die Bäume in der Nähe der Kaimauer Einfluss auf deren Haltbarkeit. Anstatt der zu groß gewordenen Platanen werden daher hochstämmige Baume vorgeschlagen, die im Gegensatz zur bisherigen Bepflanzung von der Hafenkante abgerückt sind…”

Am 23.2.2021 wurden alle 19 Platanen in der Serrahnstraße gefällt, einen Tag vor der angekündigten Aktion.