In Bergedorf hat sich eine neue Partei “Die Basis” gegründet. Eine erste Reaktion kam aus dem Kulturhaus SerrahnEins, und zwar wollen die Verantwortlichen verhindern, dass diese Partei Räume im Kulturhaus nutzen kann. Man will sich abgrenzen.
“Peinliche Desinformation und unwidersprochene Querdenkermythen im Interview mit der Partei Die Basis”.
Das Interview
Ein-Punkt-Partei Corona?
Thomas: Der Ausgangspunkt unseres Gespräches ist eine schon länger währende Diskussion auf der Unteilbar Website, wo wir zu dem Schluss gekommen sind, dass wir die Auseinandersetzung um die Corona Maßnahmen jetzt auch in der Weise führen, dass wir auf die Basis Partei zugehen, weil wir davon ausgegangen sind, dass da Leute sind, mit denen wir darüber diskutieren können, was vielleicht angesichts der anstehenden Bundestagswahl auch spannend sein kann. Wenn wir uns die Parteienlandschaft angucken in der Bundesrepublik, dann haben die ja alle so bestimmte gesellschaftliche Wurzeln. Also die Sozialdemokraten und die Linken sind mit der Arbeiterbewegung und haben mit dem Widerspruch Kapital und Arbeit irgendwie zu tun. Die Grünen sind aus der Ökologiebewegung und Anti-AKW-Bewegung Ende der 70er entstanden. Die FDP hat ein bestimmtes liberales Bewusstsein, was sich auch geschichtlich verorten lässt. Deshalb die Frage jetzt an euch: Ist das richtig, dass wir euch bei den Protesten gegen die Corona Maßnahmen einordnen oder wie würdet ihr euch jetzt einordnen?
Uschi: Also erstmal ein ganz großes Lob an Unteilbar. Dass ihr die Leserbriefe unzensiert zu diesem Thema Corona Maßnahmen veröffentlicht, finde ich sehr toll. Und dass wir uns hier auch jetzt mal äußern dürfen, finde ich auch gut. Also die Geschichte der Partei hängt natürlich damit zusammen, dass Leute sich formiert haben gegen diese Corona Maßnahmen und vor allem die Grundrechte-Einschränkungen. In der Partei sind ungefähr 75 bis 80 Prozent der Leute bisher politisch nicht aktiv gewesen und wollten das auch nicht, aber haben gesagt, jetzt muss was passieren, die Grundrechte sind in Gefahr. Aber es geht nicht nur um Widerstand gegen das Bestehende, sondern darüber hinaus auch die Entwicklung von neuen Visionen für eine andere Gesellschaft, für eine freie demokratische Gesellschaft. Und das ist unser Hauptanliegen, weil wir uns durch das parlamentarische System im Moment nicht mehr so gut vertreten fühlen. Also die Parlamente werden ja zum Teil übergangen. Wir möchten mehr Basisdemokratie einbringen, mehr politische Beschlüsse zu Gemeinwohl-Themen einbringen. Also dass die Politik wieder wirklich den Menschen dient und nicht den Konzernen oder Politikern, die sich profilieren.
Clemens: Ich habe das ganze Thema, die Basis in Bergedorf, ein Stück weit angeschoben. Ich bin seit November Mitglied im Hamburger Landesverband, habe die Landesverbands-Gründung miterlebt und die Gründungs-Satzung mit unterschrieben, das ist so ein bisschen etwas Feierliches. Ich selbst war nie aktiv politisch. Ich bin braver Wähler und habe auch tatsächlich immer meine Wählerpflicht getan. Ich habe nicht gesagt, jetzt fühle ich mich nicht mehr vertreten, jetzt wähle ich gar nicht mehr, sondern ich habe immer versucht, einen Weg zu finden, der in den letzten Jahren eher linkslastig war. Meine Eltern sind Ur-SPD-Wähler. In der Generation ist das ja auch noch sehr festgelegt. Aber ich habe festgestellt, irgendwie fühl ich mich hier nicht wohl. Ich finde die Maßnahmen nicht verhältnismäßig und ich muss jetzt mal eine Gruppe finden, die mir meine Angst nimmt und mich unterstützt darin, etwas aktiv zu tun. Und da bin ich auf die Basis gestoßen. Überzeugt hat mich letztlich gar nicht der Protest, sondern überzeugt hat mich die Vision, die hinter den vier Säulen steckt, die, die die Basis tragen soll. Und da habe ich dann mir ein paar Treffen angeschaut, hab mir die Leute angeschaut. Was sind das für Leute, die sich da engagieren? Ich bin mit Menschen ins Gespräch gekommen und hab dann für mich entschieden, das ist genau die Gruppe und der Zeitpunkt, wo ich anfangen kann, aktiv zu werden und etwas zu tun.
Uschi: Wir diskutieren gar nicht die ganze Zeit über Corona Maßnahmen, es geht vielmehr um Schulsystem, um Kindeswohl. Was können wir für die Gesellschaft tun, dass sich das zum Positiven entwickelt? Die Maßnahmen sind gar nicht so unser Hauptinhalt, sondern das, was durch die Entwicklungen des letzten Jahres offensichtlich geworden ist an Problemen, an gesellschaftlichen und politischen Problemen. Und wie kann man da ansetzen und etwas verändern?
Rechts oder links?
Frank: Ein Zitat von der Website der Basis Partei, da steht: „Um unsere Chancen für einen Einzug in den Bundestag weiter zu erhöhen, laden wir alle politischen Parteien und Bewegungen ein, die sich in dieser Hinsicht ideell mit uns verbunden fühlen, sich uns anzuschließen und möglichst von einer eigenen Kandidatur abzusehen. Es ist nicht sinnvoll, wenn eine Vielzahl von Parteien antritt, die ein gemeinsames Ziel eint, nämlich einen Politikwechsel im Bundestag zu bewirken.“
Uschi: Damit ist nicht die AfD gemeint. Clemens hat mir bestätigt, dass beim Verifizieren eines Aufnahmeantrags eine Doppelmitgliedschaft AfD und Basis nicht möglich ist.
Frank: Zu dieser Frage später. Ein Motiv für mich, dieses Interview zu machen, ist die große Spaltung in der Gesellschaft, die sich seit dem letzten Jahr aufgetan hat. Da tat sich in fast jeder Gruppe ein tiefer Graben auf, den Du, Uschi ja auch ziemlich hautnah mitkriegtest. Nun gründet ihr die Basis Partei und dann sagt die Basis Partei ja, wir wollen eigentlich nicht, dass alle eine eigene Partei gründen. Das ist doch widersprüchlich, nicht wahr? Die Gründung der Basis Partei kann man ja vergleichen mit anderen Parteigründungen, z.B. mit der Gründung der Grünen oder auch der AFD. Das waren mal Ein-Punkt-Parteien, die sich dann entwickelt und gewandelt haben. Ist eure Gründung eigentlich sinnvoll?
Clemens: Am 6. Mai gab es eine sehr lange Stellungnahme von der Bundespartei zu diesem Aufruf, sich zusammenzuschließen. Da geht es hauptsächlich, glaube ich, um die Partei „Wir 2020“ oder „Widerstand 2020“ und Spin-Offs daraus. Der Aufruf gilt natürlich denen und den halte ich auch nach wie vor für sinnvoll, wenn es wirklich um die ganz klar gleiche Richtung geht. Da kann man lieber mal den Dialog suchen und gucken, ob man nicht so viele Gemeinsamkeiten hat, dass man sich eben auch gemeinsam entsprechend engagiert. Das Rad wurde ja auch an vielen Stellen der Welt zur selben Zeit in anderen Farben oder Formen erfunden. Wenn sich parallel mehrere Parteien mit derselben Grundidee gründen – das ist ja ungefähr zur selben Zeit passiert, Widerstand2020 war ein bisschen früher, daraus ist dann später Wir2020 geworden – dann kann man sich ja auch mal in den Dialog begeben. Und grundsätzlich sehe ich das sowieso als unsere Aufgabe. Umso mehr bin ich dankbar, dass wir sagen: Lasst uns bitte diesen Dialog mal führen, wo wir Gemeinsamkeiten haben. Wir sprechen ständig über Unterschiede in dieser einen Sache. Aber lass uns doch mal rausfinden, wo wir Gemeinsamkeiten haben und darüber versuchen, wieder zusammen zu kommen. Weil ich glaube, dann können wir generell viel mehr bewegen.
Uschi: Es geht nicht darum, muss ich mich rechts oder links verorten und mich abgrenzen. Sondern was verbindet uns inhaltlich, wo haben wir gleiche Ziele. Und da würden wir, wenn man in den Bundestag einzieht, auch mit anderen Parteien nicht immer in Opposition gehen, sondern gucken wo haben mal die Linken, wo haben die Grünen ähnliche Ziele. Zum Beispiel soziale Themen wie Wohnungsbau, Bildung, dass man sich da nicht immer gegeneinander abarbeitet und damit Kraft verschenkt, sondern dass man da gemeinsam an einem Strang zieht.
Thomas: Das ist natürlich auch immer das Ziel der Linken gewesen, Bündnisse zu machen in Fragen, die einen gemeinsam bewegen. Das ist ja erst mal so richtig. Bloß, diese Skepsis gegenüber der Bewegung ist ja einfach dadurch entstanden, dass bei diesen Demos völkische und rechtsradikale Gruppen sich untergemischt haben und Reichskriegsflaggen zu sehen waren und so weiter. Da ist man hellhörig geworden, weil wir das ja auch aus anderen Bewegungen kennen, dass Rechte versuchen, sich breitzumachen und man da schon jetzt genauer hingucken muss. Also klar, die Basis Partei ist jetzt in der Gründungsphase und sie kann nicht zu allen gesellschaftlichen Fragen eine Haltung haben. Aber wenn man auf die Website guckt, dann fällt auf, dass sehr viel abgehoben wird auf die individuelle Freiheit und wenig Bezug genommen wird auf das, was uns aktuell in gesellschaftlichen Konflikten beschäftigt. Die ganze Geschichte mit dem Auseinanderdriften der Vermögensverhältnisse, die Behandlung der Migration und so weiter. Das sind Fragen, zu denen man da keine Haltung findet. Und deshalb ist natürlich eine Verunsicherung da, zumal wenn betont wird „Wir wollen das alles zusammen machen“ und verkannt wird, dass es natürlich gesellschaftliche Widersprüche gibt und es eben gesellschaftliche Kräfte gibt, für die man überhaupt keine Freiheit haben will. Natürlich möchte ich nicht eine Freiheit für die Rechten proklamieren. Natürlich möchte ich, dass diejenigen, die hier die Freiheit einschränken wollen, keine Betätigungsmöglichkeiten haben. Es gibt diese gesellschaftlichen Widersprüche und dazu muss die Bundespartei auch eine Haltung entwickeln. Es reicht nicht aus, finde ich, wenn man immer das Gemeinsame betont und über die tatsächlich herrschenden Auseinandersetzungen in der Gesellschaft und Widersprüche sich nicht äußert.
Uschi: Wir haben noch kein volles Wahlprogramm und wollen uns nicht in allen Einzelheiten positionieren, weil es ja darum geht, nachher mit der Gesellschaft gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Also wir wollen nicht vorgeben, wo es hingeht. Das ist unsere Idee der Basisdemokratie, dass wir die Menschen einbeziehen, Standpunkte gemeinsam entwickeln.
Was die Abgrenzung angeht: Ihr habt doch als Linke selbst erlebt bei G20, wie Bilder gemacht werden, um gegen die Linken Propaganda machen zu können. Es gab doch da Provokateure und dann wurden die Kameras auf die entsprechenden Stellen gerichtet. Das geht uns jetzt genauso. Und natürlich werden wir in der rechten Ecke verortet, weil man natürlich Angst hat vor einer neuen Bewegung. Aus euren Erfahrungen heraus müsstet ihr doch wissen, wie so etwas läuft.
Thomas: Es muss doch einfach nur eine klare Haltung vermittelt werden.
Uschi: Also es gibt Sachen, wo es Schnittpunkte gibt, wo man nachher ganz erschrocken hingeguckt hat. Oh, da sagt ja die AfD das, was ich denke. Da haben sich ganz viele Menschen drüber erschrocken. Ich habe deswegen an Die Linke ziemlich schnell geschrieben: Überlasst bitte nicht den Rechten die Rettung der Demokratie. Äußert euch, geht in die Opposition. Aus dieser Angst heraus habe ich das geschrieben. Ja, schon klar, die AfD macht sich das zu eigen und sagt: Wir stehen für die Demokratie, wir stehen für die Freiheit. Die Linken hätten das machen sollen! Ich bin ausgetreten, weil da nichts kam. Das hat mich sehr enttäuscht.
Clemens: Wir sind jetzt in Hamburg seit November gegründet, im Bund nicht mal seit einem Jahr. Ich glaube, es gibt vieles, was uns vereint und die Grundidee, dass die Vier Säulen uns auf einen guten Weg bringen, finde ich total richtig. Aber ich sehe die Frage „Wie stellt ihr euch gegenüber Rechts oder AfD auf?“ als total berechtigt an. Wobei, man muss nur unsere Satzung lesen, dass da gewalttätige, totalitäre und solche Geschichten abgelehnt werden. Also wenn ich die Satzung unterschreibe, dann ist das eigentlich für mich auch klar und selbstverständlich. Ich habe mir aber auch die Satzung der AfD durchgelesen. Da sind die ersten fünf Punkte auch allgemein gültig. Die verkaufen das nur anders nach außen. Zu dem Vergleich, die AfD nehme wie wir eine entschiedene Opposition zu dem Thema ein, da will ich sagen: Das tun sie nicht von Anfang an. Das ist erst später entstanden, weil sie gemerkt haben, da können sie irgendwie Leute mit einfangen. Meine Überzeugung zu Corona ist seit Beginn an, also seit März 2020, dass das nicht so heiß ist, wie es gekocht wird. Und ich habe auch an viele Abgeordnete geschrieben und da kamen immer Pauschal-Antworten. Also für mich ist klar, dass die etwas später auf den Zug aufgestiegen sind, weil sie gemerkt haben, da kann man was draus gewinnen. Ein Vergleich aus dem Fußball: Ich kann als Hamburger, ob nun Pauli- oder HSV-Fan, den FC Bayern total doof finden, weil sie alles leer kaufen, arrogant sind usw. Und trotzdem kann ich Lewandowski total toll finden. Diese Differenzierung, die muss man schon erlauben. Natürlich finde ich die eine Fragestellung von der AfD gut, weil sie mal Sachen aufwirft. Deswegen finde ich trotzdem noch lange Rechts und die AFD nicht gut. Aber leider sind sie die einzigen, die die richtigen Fragen stellen, zumindestens in diesem Punkt. Und wir wollen diese Fragen auch stellen. Und das wollen wir tun mit Achtsamkeit und Freiheit, ohne in eine Schublade gesteckt zu werden. Und übrigens ist Freiheit ja nicht die einzige Säule, sondern eine andere ist Machtbegrenzung. Das ist ein klarer Programmpunkt, dass wir die Macht der Konzerne begrenzen wollen. Damit hängt dann auch wieder vieles zusammen, was in den Sozialbereich gehört. Das ist alles im Wahlprogramm, im Programm auf der Website und in der Satzung zu finden. Also da müssen wir uns, glaub ich, nicht verstecken.
Uschi: Macht begrenzen gilt auch nach innen in die Partei: Dass da keine einzelnen Menschen sich profilieren oder Karriere machen wollen, mehr Entscheidungsmöglichkeiten haben als andere. Das ist mir gerade ein großes Anliegen. Wie bekommt man solche Strukturen hin, dass einerseits effektiv gearbeitet wird, andererseits viele Menschen mitgenommen werden, z.B. über einen gelosten Bürgerrat oder Soziokratie? Was wird die Form sein, in der wir uns organisieren? Weil die Partei sehr jung ist, ist da noch so viel in der Diskussion. Aber genau da bringe ich mich ein, weil ich nicht möchte, dass einzelne Menschen Macht haben, die dann auch von außen durch Lobbyismus und sowas beeinflusst werden können, dass wir nicht unterwandert werden können. Das ist mir ganz wichtig.
Frank: Wie erklärt ihr euch das, dass plötzlich eine Schnittmenge entsteht mit Leuten, mit denen man eigentlich sonst nichts zu tun haben will? Was ist das Gemeinsame?
Uschi: Ich glaube, die einen nutzen die Situation, um für sich Stimmen zu fangen, für sich Werbung zu machen, wie die AfD, und die anderen gehen aus einer Verzweiflung an das Thema ran und sagen „Wir haben da unsere Bedenken und Kritik und die müssen wir äußern können“.
Frank: Du würdest sagen, die springen einfach auf den Zug auf?
Uschi: Das glaube ich schon.
Frank: Für deutsche Verhältnisse kann man das ja annehmen. Aber wenn man ins Ausland guckt, dann passt das nicht mehr so richtig: Trump, Bolsonaro…
Uschi: Das hab ich nicht alles so verfolgt, weil es mir um das geht, was wir hier vor Ort ändern können und was mir am Herzen liegt.
Die Medien und die Wissenschaft
Clemens: Wir sind im Moment in einer Situation, wo die Informationen über andere Länder über Medien kommen, die wir mittlerweile auch schon wieder kritisieren. Also ich hab im Moment den Eindruck, dass von allem, was so auf uns einprasselt, man mindestens drei oder vier Schichten abkratzen muss, bis man dahinterkommt, was eigentlich die Botschaft dahinter ist. Also wenn jetzt ARD oder ZDF oder RTL oder die ZEIT berichten aus irgendwelchen Ländern, was da abgeht, dann würde ich, so hab ich mittlerweile gelernt in dem Jahr, noch zwei, drei andere Seiten raussuchen und vielleicht auch lokale Seiten und auch vielleicht kritische lokale Seiten, um zu gucken was ist denn da wirklich los? Ich weiß mittlerweile, dass diese Berichterstattung schon sehr steuert in der aktuellen Zeit und deswegen würde ich immer dafür sein, bevor man eine Aussage trifft, ein paar Meter tiefer zu graben und zu gucken, was steckt dahinter.
Alle Abfragen mit Google, z.B. “Corona South Dakota”. Andere Quellen: Worldometers, Focus
Uschi: Habt ihr mal gehört, dass in South Dakota die Gouverneurin gar keine Maßnahmen gegen Corona ergriffen hat und dass es dort in keiner Weise zu einer Katastrophe kam? Sowas kommt hier kaum an. Oder Schweden wurde immer diskreditiert und es wurde nicht sachlich dargelegt, dass es gar nicht so schlecht ist, wie auch die WHO inzwischen sagt. Also ich habe in diesem Jahr so eine Enttäuschung in Hinsicht auf Medien und Politik erfahren und es ging so vielen Menschen so. Die Berichterstattung war nicht mehr sachlich aufklärend, sie war propagandamäßig. Und ich habe so viele Briefe an Rundfunkrat, Zeitungen und was weiß ich geschrieben. Ich habe die ZEIT gekündigt und ganz viele Leute wandern ins Internet ab, weil sie sich nicht mehr sachlich informiert fühlen. Und das finde ich ein großes Problem. Genau wie die Linken leider nicht gesagt haben „Wir verteidigen die Grundrechte“, das den Rechten überlassen haben. So überlassen die Medien eine sachliche Aufklärung dem Internet und das ist eine Katastrophe.
Thomas: Hier kommen wir jetzt auf ganz dünnes Eis. Die Frage ist, auf welcher Grundlage man zu welchen Einschätzungen kommt. Ich verlasse mich schon auf bestimmte wissenschaftliche Hinweise. Also dazu gehört, dass man veröffentlicht, dass andere Leute das kommentieren, dass das in der wissenschaftlichen Diskussion ist. Da bin ich sehr vorsichtig bzw. komme zu anderen Schlüssen, was die Einschätzung der Corona Pandemie angeht. Das macht die Diskussion schwierig. Ich diskutiere gerne mit Leuten über Corona-Maßnahmen und die Grundrechts-Einschränkungen, wenn sie die gleiche grundlegende Einschätzung haben, dass die Pandemie eine Gefahr ist, dass wir uns Gedanken machen müssen, wie wir sie in den Griff kriegen. Dann habe ich eine gemeinsame Grundlage. Und dann kann ich überlegen „Ist diese Maßnahme sinnvoll oder nicht?“ Und da komme ich auch zu anderen Einschätzungen als das, was offiziell an Maßnahmen beschlossen ist. Wenn ich das aber mit jemandem diskutiere, der von völlig anderen Voraussetzungen ausgeht und sich überhaupt nicht bedroht fühlt und das als eine Grippe-Variation einschätzt, dann wird es schwierig, darüber zu diskutieren, ob die Maßnahmen verhältnismäßig sind oder nicht, weil die Grundlage eine völlig andere ist.
Ich weiß, dass ich da eine ganz grundsätzlich andere Einschätzung habe als du. Wir können uns darüber unterhalten, ob die Grundrechts-Einschränkungen, die jetzt zweifellos geschehen sind, sinnvoll waren oder nicht. Ich gehe immer noch von einer Einschätzung aus, dass die Bundesregierung ziemlich überfordert war mit der Situation. Das hat sie auch nie bestritten. Und dass die ganze Pandemie-Bekämpfung immer irgendwie ein Suchen nach einem sinnvollen Weg war, aber eben auf der Grundlage, was von der Pandemie tatsächlich eine Gefahr ausgeht. Und diese grundsätzliche Einschätzung würde ich schon teilen.
Uschi: Genau da fängt für mich die Diskussion an. Man geht von unterschiedlichen Einschätzungen aus und sieht sich dann Daten und Fakten von unabhängigen Wissenschaftlern an und stellt sie gegenüber. So habe ich mich informiert. Das waren wissenschaftliche Studien, Untersuchungen, ich hab mir nicht irgendwelchen Quatsch angeguckt.
Das könnte eine extra Veranstaltung sein, sich mal anzugucken, warum oder warum nicht die Maßnahmen verhältnismäßig waren. Da müsste man ja sich auch die Grundlagen angucken, auf denen die Maßnahmen getroffen wurden. Und dazu müsste man sich Wissenschaftler angucken und vergleichen. Das fände ich eine ganz spannende Sache, die mir leider sehr fehlt: Mit Menschen, die anderer Meinung sind, eine fachliche Auseinandersetzung führen mit erwiesenen, evidenzbasierten Fakten.
Clemens: Ich glaube, das wäre eine Endlos-Diskussion. Ich glaube, was wir mit Respekt und Demut gegenseitig tun sollten, ist zu verstehen, dass wir Ängste haben, und zwar alle. Der eine hat Angst vor der Gefahr dieses Virus und der nächste hat Angst, dass das Virus eigentlich ich gar nicht ganz so schlimm ist, sondern genutzt wird, um Prozesse in Gang zu bringen, die wiederum mir persönlich total Angst machen. Ich glaube, wenn man sich auf die Angst-Ebene begibt und sagt „Lass uns doch mal drüber sprechen, welche Angst hast du? Wie gehe ich damit um?“, dann werden wir weiterkommen. Die nächste Frage ist: „Wer hat denn die Deutungshoheit über Information und über wissenschaftliche Erkenntnisse?“ Das heißt, wer darf denn bestimmen, was ein seriöser Wissenschaftler ist und warum ist ein Wissenschaftler, der seit 20 Jahren seriös war, jetzt plötzlich nicht mehr seriös? Das sind ja auch Fragen, die wir letztlich gar nicht klären können. Da gibt es unterm Strich irgendwann Rechtsstreitigkeiten. Dann müssen das Richter klären, die hoffentlich ausreichend aufgeklärt werden über den Sachverhalt. Da ist unser Niveau eher so ein Stammtischniveau. Das bringt zwar Spaß, weil man eben seine Meinung hat und die verteidigt und dann hat der nächste die nächste Meinung und dann verteidigt er die auch. Dann fliegen da ordentlich die Fetzen. Das bringt noch keine Lösung, glaube ich.
Krankenhausbetten in Deutschland
Quelle: Statistisches Bundesamt
Ich glaube, wir müssen uns auf die Angst, auf die emotionale Ebene begeben. Und wir müssen vor allem Gemeinsamkeiten suchen. Und dann sagen, es gibt Kritik an der einen oder anderen Maßnahme und z.B. eine Brücke bauen, indem man sagt: „Sind wir nicht alle der Meinung, dass es Unsinn ist, innerhalb einer globalen Pandemie oder, bleiben wir mal in Deutschland, einer nationalen Pandemie auch noch 6000 Krankenhausbetten abzubauen?“ Ist das nicht eine Gemeinsamkeit und sollte man nicht darauf schauen und gucken, können wir das irgendwie verwursten. Und wahrscheinlich haben wir am Ende dann auch das Ergebnis, das wir alle zufrieden sein werden. Aber dieses ständig drauf zu gucken, was hat der andere für eine Meinung und ist er damit vielleicht ein Idiot oder glaubt er da Leuten, die Idioten sind? Das weiß ich nicht. Das kann gar keiner von uns beurteilen, ob das Idioten sind.
Basisdemokratie
Uschi: Eine ganz tolle Idee wäre ein geloster Bürgerrat zum Thema Corona, wo die Menschen durch Fachleute aus allen Bereichen aufgeklärt werden und dann selber zu einem Bürger-Gutachten kommen würden, das Empfehlungen an die Regierung ausspricht. Das hätte ich eine sehr gute Maßnahme gefunden und sehr demokratisch.
Frank: Vielleicht können wir das Thema Bürgerrat gleich nochmal erweitern, weil das ja auch zu dem Entwurf der Basisdemokratie gehört, wenn ich das richtig verstehe. Also ich beobachte, dass die Berührungsängste im Grunde immer den gleichen Hintergrund haben, nämlich die rechte Ecke. Ich habe an den Demos nicht teilgenommen. Ich beobachte das aus der Presse. Es gibt Frontenbildung, die zutiefst verwundern. Wo die Antifa die Demonstranten als Nazis beschimpft. Wie kann man jetzt, wo ihr ja sagt damit haben wir gar nichts zu, dieses Missverständnis eigentlich mal beseitigen?
Clemens: Für diejenigen, die nicht auf die Demos gehen, funktioniert das Framing über die klassische Berichterstattung, sie glauben dann, was sie dort sehen auf den Demos, was natürlich inszeniert ist. Für die ist das ja schon Verschwörungstheorie. Deswegen glaube ich, wird nur der direkte Dialog funktionieren.
Frank: Ich muss mal unterbrechen. Also auf der Website der Basis Partei, wird diese Frage offengelassen. Da steht nichts dazu drin in dem Sinne „Wir sehen das als Problem und wir distanzieren uns eindeutig“. Also diese Problematik wird einfach übergangen.
Uschi: Dann werde ich das einbringen, dass wir genau dazu mal Stellung nehmen. Das finde ich eine sehr gute Anregung, dass wir genau das mal thematisieren, so dass Leser das nachvollziehen können.
Frank: Das wird bei der Frage der Doppelmitgliedschaft offengelassen. Da steht: „Doppelmitgliedschaft bestehen zu allen im Bundestag vertretenen Parteien“. Was bedeutet das denn?
Clemens: Dazu kann ich ein bisschen was sagen, weil ich einer der Auserwählten in Hamburg bin, die neue Mitglieder verifizieren dürfen. Das ist ein Prozess, wo man nicht nur Ausweisdaten abgleicht, um zu gucken, dass es diese Person auch tatsächlich gibt, sondern wo man in der Regel ein bisschen ins Gespräch kommt. Darüber kann man ein bisschen abchecken, wie sind die so drauf. Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit, eine Doppelmitgliedschaft zu machen. Die gibt es bei uns gemäß Satzung. Die gibt es übrigens laut AfD Satzung nicht. Also von deren Seite ginge es gar nicht eine Doppelmitgliedschaft zu haben. Das muss dann extra separat vom Landes- oder Bundesverband freigegeben werden. Von daher kann es zur AfD keine Doppelmitgliedschaft geben, weil auch die AfD Satzung das gar nicht zulässt. Unabhängig davon muss verpflichtend die Angabe beim Antrag gemacht werden, ob man und in welcher Partei man Mitglied ist. Und dann wird im Einzelfall geprüft. Mir ist ein konkreter Fall bekannt, wo ein Mitglied aus der Partei „Die Partei“ bei uns eintreten wollte und wir gesagt haben, das lassen wir nicht zu, weil deren Satzung einfach nicht zu unserer passt, weil wir kein Sarkasmus-Verein sind und kein Spaß-Verein. Und dadurch, dass man unsere Satzung akzeptiert und Extremismus und sowas alles ausschließt, passt eben einiges nicht. Und wenn es auch auf der Homepage nicht klar steht, dann sollten wir das definitiv anregen.
Thomas: Es muss euch bewusst sein, dass ihr unter diesem Aspekt besonders beobachtet werdet. Es sind eben dort auf den Demos Reichskriegsflaggen aufgetreten. Es ist mir sonst eigentlich keine Bewegung bekannt, wo Nazis sich so breitmachen konnten.
Uschi: Kannst du das denn nachweisen, dass bei uns in der Partei sich Nazis breit gemacht haben?
Thomas: Nein, nicht in der Partei. Ich sag nur, dass die Corona-Bewegung sehr multipel zusammengesetzt ist, dass sich da Leute verschiedenster Herkunft tummeln und dass von daher die Sensibilität und deshalb der Blick auf diese Bewegung besonders intensiv ist. Ihr müsstet als Partei deshalb auch ein Interesse haben, dass es da keine Missverständnisse gibt.
Frank: Ich würde vorschlagen, dass wir den Fokus etwas verändern und übergehen zu den anderen Säulen, dass wir uns mal über das Modell der Basisdemokratie unterhalten.
Uschi: Ich arbeite gerade sehr dran, dass wir uns darüber klar werden, was die Strukturen bei uns sein könnten, um Entscheidungen zu treffen. Wie weit ist es basisdemokratisch über geloste Räte, wie weit weniger effizient über Soziokratie? Das aber steht alles noch nicht fest. Da bin ich gerade in einer kleinen AG, wo wir uns über diese Sachen Gedanken machen. Und dann muss es konsentiert werden mit der gesamten Partei, weil es ja Grundsatzentscheidungen sind. Aber darüber soll eben Machtbegrenzung möglich sein.
Clemens: Alleine das Abstimmungsverfahren, das systemische Konsentieren, ist ja schon etwas, was sich abhebt von den anderen, die nur mit Ja oder Nein abstimmen. Bei uns werden viele verschiedene Vorschläge erarbeitet. Es gibt dann eine Online-Abstimmung über Widerstands-Punkte, sodass der Punkt mit den geringsten Widerstands-Punkten die Zustimmung erhält. Das ist ein relativ aufwendiges Prinzip, aber es ist natürlich sehr viel genauer, als wenn wir jetzt einfach nur mit Ja oder Nein stimmen. Denn manchmal kann man eben nicht Ja oder Nein sagen, sondern sagt Naja, also auf einer Skala von 0, wo ich voll dafür wäre oder 10, wo ich voll dagegen wäre, bin ich vielleicht bei einer 3 oder bei einer 4. Bei einem anderen Vorschlag bin ich vielleicht bei einer 1 und bei einem dritten Vorschlag bin ich vielleicht bei einer 9. Dann ist die Näherungslösung die, mit der alle am besten leben können.
Uschi: Wenn es starken Widerstand gibt, dann muss der begründet werden.
Thomas: Wir machen das ja bei attac schon seit längerem. Es ist auch das, was ich wirklich am sympathischsten finde bei der Basis Partei. Wir haben bei attac die Möglichkeit ein Veto einzulegen. Damit sollte man sehr verantwortlich umgehen. Für diesen Fall gibt es eine Konsensgruppe, in der versucht wird, die unterschiedlichen Haltungen in einem Vorschlag unterzubringen. Wie macht ihr das denn bei der Basis-Partei? Habt ihr sowas wie ein Veto?
Uschi: Ja, das war gerade jetzt in Hamburg der Fall. Da ging es darum, wie wir mit den Säulen umgehen. Da hat jemand zweimal ein Veto eingelegt und dann wurde, glaube ich, damit es weitergeht, eine Mehrheitsentscheidung getroffen, weil das nicht gut genug begründbar war. Ein Veto muss begründen, das mit einer Lösung oder einem Vorschlag das Ziel nicht erreicht wird. Aber das wird schon ausdiskutiert und versucht achtsam zu lösen.
Frank: Hab ich dich vorhin richtig verstanden, dass das Thema Bürgerrat bei euch noch nicht durch ist, oder gehört das zum Konzept der Basisdemokratie-Säule?
Uschi: Also das soll im Wahlprogramm verankert sein, wurde mir von der Bundespartei her gesagt. Aber es ist noch nicht allen Menschen ein Begriff und es muss jetzt erstmal noch bekanntgemacht werden, damit dann die Mitglieder sagen: Ja, da stehen wir hinter. Das sind Prozesse, die halt wachsen.
Frank: Aber du hast eine Vorstellung vom Bürgerrat. Mir ist das nicht so ganz klar, wieso diese Idee gut ist.
Uschi: Die Idee stammt von Peter Dienel, ist fast 50 Jahre alt, ist auch schon sehr oft eingesetzt worden, gerade auf lokaler Ebene. Jetzt wird er auch auf nationaler Ebene eingesetzt. Es werden Menschen gelost aus allen Schichten, allen Zusammenhängen des täglichen Lebens, also aus der normalen Bevölkerung. Es sind nicht nur Fachleute da oder Leute, die sich engagieren, weil sie Zeit haben, weil sie besonderes Interesse haben, sondern alle, die betroffen sind von den Entscheidungen. Sie kommen nur für eine bestimmte Zeit zusammen. Sie kriegen auch eine Aufwandsentschädigung und sie haben nur dieses Interesse das Problem zu lösen. Da können dann auch Rechte, Linke an einem Tisch sitzen. Die Erfahrung zeigt, dass gemeinwohlorientierte Lösungen zustande kommen. Keiner kann damit eigene Machtstrukturen aufbauen. Es kann auch nicht so leicht unterwandert werden. Ganz wichtig ist: Wer ruft es ins Leben? Wer hat moderiert? Die Moderation muss sehr neutral und sachlich sein. Und: Welche Fachleute werden herangezogen? Es werden vielleicht 150 Leute ausgelost, in Gruppen à 25 aufgeteilt, die an verschiedenen Orten tagen. Die Aufteilung in weitere 5er Gruppen wird auch gelost. Es gibt einen Input durch Fachleute, dann Diskussion, Ergebnisse, neuer Input, neue Gruppen und so auch neue Ergebnisse. Es wird dann ein Gutachten erstellt. Die Krux ist, dass bisher diese Gutachten an die Politik gehen. Und die können sagen „Och nett“ und es in die Schublade schieben. Es ist nicht verbindlich bisher. Für mich wäre das ein super basisdemokratisches Tool, wenn man das verbindlich machen könnte in der Politik. Was die Parteien allerdings dann ein wenig überflüssig machen würde. Und das ist natürlich das, was die Parteien nicht wollen, wir als Basis uns aber vorstellen können. Wenn wir den Bürgerrat verankert haben, dann werden die wichtigen Entscheidungen über die Bürger getroffen. Er wird dem Parlament an die Seite gesetzt. Das gibt’s in Belgien. In Irland wurden auf die Art und Weise schon zwei Gesetze gemacht.
Freiheit
Frank: Damit wir die anderen Säulen auch noch berühren können, kürzen wir das mal ab. Also: Die Säule Freiheit. Was ist das für einen Freiheitsbegriff?
Clemens: Es steht schon ein Stück weit zu dem Thema was auf der Homepage. Also alle Entscheidungen werden durch uns Menschen getroffen und zu diesem Zwecke wollen wir Volksentscheide und stetige Abstimmungen einführen. Und da geht das auch mit der Freiheit los. Also wir müssen jeden einbinden. Im Moment trauen sich noch nicht alle und wahrscheinlich sind noch nicht mal alle befähigt dazu. Das liegt aus unserer Sicht daran, dass über Jahrzehnte auch das Schulsystem nicht dazu diente, dass die Leute zum selbstständigen Denken erzogen werden. Also da muss man schon ansetzen und das ist sicherlich kein Prozess, den man per Schalter umlegen kann und dann hat jeder die Befähigung mitzubestimmen. Einige gibt es nach wie vor, die ganz froh sind, wenn einer vorne steht, der sagt: Das machen wir jetzt. Aber es wäre schön, wenn sich alle dieser Pflicht auch wieder bewusst werden würden. Und die Freiheit, die daraus folgt, ist natürlich die Eigenverantwortung, die das mit sich bringt. Also eigenverantwortlich zu handeln, logischerweise ohne andere damit zu verletzen. Aber ich möchte gerne selbst bestimmen, wo ich meine Informationen her beziehe. Ich möchte gerne meine Meinung frei äußern dürfen. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass ich das aktuell schon nicht mehr kann.
Wenn ich aufgrund meiner Informationen, meiner Erfahrungswerte Maßnahmen kritisiere und somit in der Wahrnehmung Außenstehender das ganze Virus verleugne und deswegen Aluhutträger und Schwurbler bin und mittlerweile ja sogar Querdenker und somit automatisch Nazi, was ja auch schon wieder ein Riesenunterschied ist, und was so ja auch gar nicht stimmt, dann ist das für mich eine Situation, mit der ich nicht gut leben kann.
Thomas: Da muss man aber vorsichtig sein, weil es hat ja nichts damit zu tun, dass diese Positionen verboten werden. Man wird für diese Position vielleicht mehr oder weniger sachlich kritisiert. Es ist aber ein himmelweiter Unterschied dazu, ob das verboten ist. Und das wird nach meinem Eindruck gerne in einen Topf geschmissen.
Uschi: Ok, vielleicht nicht ein Verbot, aber man erfährt Sanktionen. Ich bin auf die Demo in Berlin gefahren. Das ist ein Anlass dafür, dass das KiCC sagt, u.a. deshalb können wir da die Filme nicht mehr zeigen. Ich habe einen Brief an das Club Kombinat geschrieben, weil der K von der Gruppe Freiheit und der des Docks mit einem ganz großen Shitstorm dafür abgestraft wurde, dass er Position bezogen hat.
Thomas: Es ist ja ganz normal, dass man eine Haltung bezieht und sagt: Gut, dann kann ich dieses und jenes nicht mehr unterstützen.
Uschi: Also so extrem gab‘s das bisher nicht. Und das führt dazu, dass viele Menschen heute ihre Meinung nicht mehr sagen. Wenn Sound Yard sich jetzt auch von mir distanziert, sage ich, ich stehe zu meiner Haltung. Es gibt aber so viele Menschen, die dann lieber den Mund halten, als zu sagen, was sie denken und dann ist man nicht mehr frei.
Clemens: Für mich ist das Thema Impfen ganz präsent. Ich kann als Ungeimpfter ab übernächster Woche wahrscheinlich nicht in Urlaub fahren oder ins Café gehen und das auch auf unbestimmte Zeit nicht. Und das ist eine Einschränkung meiner Freiheit, die ich sehr wohl am eigenen Körper erfahre und die sehr wohl von außen aufgetragen wird und die ich deswegen schon, sagen wir mal, zumindest außerordentlich merkwürdig finde in dieser Situation. Wenn Leute das Virus für unglaublich gefährlich und wahnsinnig tödlich halten, ist das ja nachvollziehbar – auch wenn sie sagen: Impft euch doch bitte, um uns alle zu schützen. Aber nichtsdestotrotz erwarte ich, dass man mir anerkennt, dass ich mich in meiner Freiheit eingeschränkt fühle, wenn ich nicht geimpft bin oder z.B. keine Masken tragen kann oder will aus gesundheitlichen Gründen – was im Übrigen auch niemanden etwas angeht. So, und das ist eine Diskussion, die wir aus meiner Sicht führen sollten, die zum Thema Freiheit gehört.
Thomas: Aber das ist ja relativ einfach. Wenn ich eine bestimmte Einschätzung von dem Virus habe, dann bin ich natürlich nicht happy, wenn andere Leute in einen geschlossenen Raum ohne Maske reinkommen. Also das ist ein Widerspruch, der da besteht. Da kann man nicht jetzt davon ausgehen, wenn man nicht die Maske trägt, dass man da willkommen ist.
Clemens: Das sag ich ja. Das muss man halt mal diskutieren. Das muss man irgendwann mal lösen. Aber nichtsdestotrotz schränkt das ja meine Freiheit ein.
Thomas: Ja, natürlich. Das schränkt auch meine Freiheit ein, wenn ich mich mit den Leuten nicht treffen kann. Aber ich bewerte das auf einer anderen Grundlage eben auch anders, wenn ich die Maske trage.
Quelle: Centers for Disease Control and Prevention, USA. Man beachte: Die Einträge in dieser Datenbank kann jedeR vornehmen und sie sind nicht verifiziert.
Uschi: Gut. Dazu muss man aber die Frage stellen: Wie kommen wir zu unseren Einschätzungen? Haben wir dazu sachliche Informationen? Das, was an Impfschäden gerade passiert, und auch die Gestorbenen durch die Impfung, dass Babys sich anstecken durch die Muttermilch geimpfter Mütter. Das wird nicht in die Medien gebracht, und wenn wir das wüssten, dann hätten wir eine andere Einstellung und wir müssten dann immer noch frei entscheiden. Nehmen wir das Risiko der Impfung auf uns, oder möchten wir das nicht. Denn sogar von den Geimpften werden ja viele hinterher durch ein Corona Virus erkranken oder tun es jetzt. Aber darüber werden wir nicht genug aufgeklärt, als dass wir eine wirklich sachliche Entscheidung für uns treffen können. Und ich soll mich körperlich verletzen lassen, obwohl ich Angst davor habe, krank zu werden durch die Impfung?
Thomas: Kein Mensch zwingt dich, dich impfen zu lassen.
Uschi: Nein, aber wenn nicht, dann ist meine Freiheit eingeschränkt und das geht nicht, weil ich bin weniger gefährlich als Geimpfte für die Gesellschaft – nach meinen Informationen. Nach deinem mag es umgekehrt sein und das muss man frei diskutieren dürfen. Und auch in den Medien muss es sachlich dargestellt sein.
Clemens: Ein anderes Thema, bei dem es auch um Freiheit geht. Wenn wir jetzt auf die Schulen blicken, kann die Grundidee zum Beispiel sein: Recht auf Bildung statt Schulpflicht. Also auch da gibt es ja verschiedene Ideen, wo man sagt, da muss es viel mehr freie Schulen geben. Dass das Schulsystem, wie wir es jetzt haben, vielleicht nicht ganz so frei ist, wie wir es gerne hätten und wie es vielleicht mehr Sinn machen würde. Also da ist sicherlich Freiheit auch ein großes Thema.
«Das Ziel ist, dass jeder Mensch einheitliche und pauschale Zahlungen erhält und sich von weiteren Leistungen des Staates, etwa Sozialversicherungsleistungen, unabhängig machen kann. Es wird also eine einheitliche Einkommensuntergrenze für jedermann definiert.» (Quelle: Vontobel)
«Die Idee des Grundeinkommens ist, dass alle Menschen eines Landes von der Geburt bis zum Tod jeden Monat vom Staat so viel Geld erhalten, wie sie zum Leben benötigen. Einfach so, als Grundrecht. Ohne, dass sie dafür etwas tun müssen. Ohne, dass es ihnen gestrichen werden kann. Eben bedingungslos.» (Quelle: Mein Grundeinkommen)
Uschi: Ich muss da drei Punkte sagen: Die Digitalisierung, Überwachung der Bürger, der Impfpass, die Europäische Genom Datenbank, Abschaffung des Bargeldes. Das sind die Dinge, die jetzt in Planung und zum Teil umgesetzt sind, vor denen ich massivste Angst habe. Da wird nämlich etwas instrumentalisiert, um uns in den bürgerlichen Freiheiten wirklich einzuschränken. Abschaffung des Bargeldes, das wisst ihr, was das bedeutet? Das universelle Grundeinkommen. Das hat nichts mit dem bedingungslosen Grundeinkommen zu tun. Das sind die Sachen, auf die wir hingucken müssen, weil da wird uns ganz viel Freiheit gestohlen.
Frank: Ich würde eigentlich gerne noch etwas wissen über den Stand eurer Partei. Wann habt ihr gegründet, wieviel Mitglieder seid ihr?
Clemens: Die Bundespartei wurde gegründet am 4.7.20. Also bald vor einem Jahr. Danach folgten dann diverse Landesverbände. Mittlerweile sind alle 16 Landesverbände gegründet. Ich glaube Hamburg war Landesverband Nummer 13 im November. Also einer der letzten. Der Bezirksverband Bergedorf wurde gegründet am 25.4. Wir sind in Bergedorf mittlerweile etwas über 50 Mitglieder und in Hamburg dürften es um die 500 sein. Deutschlandweit sind wir bei circa 17000. Wenn ich da die aktuellen Zahlen richtig im Kopf habe, d. h. das ist auch nach wie vor ein toller Zulauf. Wir haben vor Kurzem an einem Tag allein in Hamburg 15 Neu-Anträge bekommen haben. Das ist nach wie vor ungebremst, weil es immer noch Leute aufgrund der Maßnahme zu uns treibt und unsere Position vielleicht auch außerhalb von Corona ein bisschen klarer wird und wir dadurch natürlich hoffen, dass wir auch eine breite Masse erreichen. Wir haben in Bergedorf zwei Vorsitzende, zwei stellvertretende Vorsitzende, eine Kassenwartin und zwei Beisitzer, so dass wir ein Siebener-Vorstand haben. Ich bin einer der beiden Vorsitzenden. Uschi ist stellvertretende Vorsitzende bei uns. Die anderen Kollegen und Kolleginnen sind alle wahnsinnig motiviert und unterstützen uns total. Auch wir werden uns finden müssen. Als Siebener Team wird man sicherlich auch nochmal gucken müssen, wie funktionieren wir zusammen? Wie definieren wir eigentlich den Begriff Freiheit? Das ist ja für so eine bunt zusammengewürfelte Gruppe auch erst einmal wichtig, dass man sich selber findet.
Uschi: Meine Idee, meine Vision, dass wir uns alle Vorstand nennen und gar nicht welche wählen, ging ja leider aus parteipolitischen Gründen nicht. Also wir sind dazu gezwungen, einen Vorstand zu wählen. Das ist ganz, ganz wichtig, dass der Vorstand nicht mehr an Entscheidungsbefugnissen hat als die Mitglieder und auch da schon auf unterster Ebene keine Machtstrukturen entstehen. Jetzt bin ich gespannt, wie sich das so entwickelt. Auch in Hamburg sieht man schon, es gibt Leute, die sich dann doch ein bisschen mehr der Macht erfreuen, andere weniger. Und wie kriegen wir das hin? Indem wir achtsam darauf gucken, wie sich die Menschen entwickeln in den verschiedenen Positionen.
Peinliche Desinformation und unwidersprochene Querdenkermythen im Interview mit der Partei “dieBasis”
Wollen wir überhaupt ein Interview mit den Protagonisten der Bergedorfer Partei “dieBasis” führen? Diese Frage stellte sich das Redaktionsteam von #unteilbar im Vorfeld des Interviews. Schon in der Diskussion über diese neue Partei wurden Differenzen in der Redaktion über deren inhaltliche Ausrichtung und Bedeutung deutlich. Die Mehrheit in der Redaktion war der Auffassung, dass dieBasis-Partei Ausdruck einer neuen gesellschaftlichen Bewegung ist. Ich sehe das nicht so.
Meiner Meinung nach haben sich hier Impfgegner*innen, Esoteriker neben Anhänger*innen der Alternativmedizin, Menschen, die Angst haben und das aus verschiedensten Gründen und nicht zuletzt Pandemie-Leugner*innen, die nicht frei von Verschwörungsfantasien sind, in einer Gruppe zusammengefunden.
Vor allem die Corona-Maßnahmen der Regierung werden von „dieBasis“ kritisiert. Beim Durchschauen der Inhalte und Artikel der Webseite der Partei wird die Haltung zur Corona-Pandemie gut ersichtlich: Corona ist existent, jedoch eher eine Grippe. Die Maßnahmen sind deshalb übertrieben, es gibt keine Übersterblichkeit, dem PCR-Test steht man skeptisch gegenüber. Die Berichterstattung der Medien ist nicht objektiv, die Impfstoffe sind noch nicht ausreichend erforscht. In der Präambel heißt es, dass sich „dieBasis“ für Grundrechte einsetzt und dass diese auch in Krisensituationen gelten sollen. Man grenzt sich von jeder Form extremistischer Bestrebungen ab, die die freiheitlich-demokratische Ordnung aushebeln wollen.
Heißt das also, dass sich „dieBasis“ hier auch gezielt von rechtem Gedankengut distanziert?
Leider Fehlanzeige.
Und so läuft dann auch das Interview mit Uschi und Clemens von der Bergedorfer Partei „dieBasis“ ab.
Da wird davon gesprochen „Überlasst bitte nicht den Rechten die Rettung der Demokratie“. Dass Nazis und Reichsbürger auf Demonstrationen von Corona-Kritikern mitlaufen, wird als „Es gab doch da Provokateure und dann wurden die Kameras auf die entsprechenden Stellen gerichtet“ von Uschi abgetan. Hier gibt es keine Distanzierung von extremen Rechten, geschweige denn ein Problembewusstsein. Siehe auch folgende Aussage von Clemens „Natürlich finde ich die eine Fragestellung von der AFD gut, weil sie mal Sachen aufwirft. Deswegen finde ich trotzdem noch lange Rechts und die AFD nicht gut. Aber leider sind sie die einzigen, die die richtigen Fragen stellen.“
Unter der Überschrift “Die Medien und die Wissenschaft” plaudert Clemens „Also wenn jetzt ARD und ZDF oder RTL oder Die Zeit berichten aus irgendwelchen Ländern, was da abgeht, dann würde ich, so hab ich mittlerweile gelernt in dem Jahr, noch zwei, drei andere Seiten raussuchen und vielleicht kritischen lokale Seiten, um zu gucken, was ist denn wirklich los?“.
Bei Uschi ist die Berichterstattung über die Pandemie „propagandamäßig“. Hier wird ein grundsätzliches Problem des Interviews deutlich: Es wird nicht nachgefragt. Was sind das für Seiten? Welche lokalen Seiten? Woher weiß Clemens, dass diese Seiten im Internet journalistisch glaubwürdiger sind? Wofür wird Propaganda gemacht?
Bei Uschi ist das Fazit „So überlassen die Medien eine sachliche Aufklärung dem Internet und das ist eine Katastrophe“. Was ist in diesem Zusammenhang „sachliche Aufklärung“? Aber Uschi hat Recht. Vorauszusetzen, dass im Internet sachliche Aufklärung betrieben wird, ist eine Katastrophe. Von der Bildzeitung wird auch nicht erwartet, dass dort eine seriöse Berichterstattung stattfindet. Aber was bedeutet das nun für Clemens kritische Seiten im Internet?
Im weiteren Verlauf des Interviews spricht Uschi von „unabhängigen Wissenschaftlern“, die in der Corona-Pandemie nicht zu Wort kommen. Hier wäre die Frage angebracht gewesen, was ihrer Ansicht nach die Kriterien für unabhängige Wissenschaftler sind, um festzustellen, wer ist unabhängig und wer nicht?
Clemens kommt dann zu der sehr wichtigen Frage „Welche Angst hast du?“ Seine Angst ist, dass die Grundrechtseinschränkungen abgeschafft bleiben, wenn die Pandemie vorbei ist. Hier taucht wieder das schon benannte Problem auf, dass nicht nachgefragt wird. Worauf gründet sich diese Angst? Es ist ja richtig, dass Grundrechte zurzeit eingeschränkt sind. Aber warum glaubt Clemens, dass das so bleibt? Hält er die Einschränkungen für nicht verhältnismäßig? Hält er das Grundrecht auf Freiheit für wichtiger als das Grundrecht auf Schutz des Lebens und der Gesundheit?
Unter der Überschrift „Freiheit“ wird es dann ganz haarig. Hier äußert Clemens folgenden Wunsch und stellt die daraus folgenden Behauptungen auf: „Aber ich möchte gern selbst bestimmen, wo ich meine Informationen her beziehe. Ich möchte gern meine Meinung frei äußern dürfen. Das kann ich aus meiner eigener Erfahrung sagen, dass ich das aktuell schon nicht mehr kann.“ Das Paradoxe daran ist, dass er diese Äußerung in einem Interview macht, in dem er ausdrücklich nach seiner Meinung gefragt wird. Wie war das nochmal mit den Seiten, bei denen er sich informiert. Ist das nun verqueres Denken oder schon Verschwörungstheorie?
Uschi spricht auch davon „dass viele Menschen heute ihre Meinung nicht mehr sagen. Wenn Sound Yard [eine bekannte und beliebte Bergedorfer Musikinitiative] sich jetzt auch von mir distanziert, sage ich, ich stehe zu meiner Haltung.“ Leider wird hier nicht nachgefragt, warum sich Sound Yard von ihr distanziert? Was sagt Uschi dazu?
Dann gleiten die Aussagen der Interviewpartner in völlig abstruse Behauptungen ab. Es ist von „Impfschäden, über die nicht berichtet wird, Impfzwang und körperlicher Verletzung sowie Babys, die sich anstecken durch eine Impfung, und das Geimpfte gefährlicher als nicht Geimpfte für die Gesellschaft sind“ die Rede. Das hätte nicht so unhinterfragt hingenommen werden dürfen. Solche Aussagen sind Verschwörungsfantasien.
Hallo Uschi und Clemens
An der letzten Pandemie (Spanische Grippe) von 1918 bis 1920 starben über 300.0000 Menschen im Deutschen Reich, die Presse durfte nicht über Erkrankungen an der Front berichten, es gab keine demokratischen Entscheidungen. Heute, 100 Jahr später, eine neue Pandemie: Corona. Die Ursache der neuen Pandemie liegt am Vordringen der industriellen Landwirtschaft in unberührte Natur und der Massentierhaltung. Sie ist also keine Naturkatastrophe, sondern – wie man heute so schön sagt – etwas Menschengemachtes. Sie ist definitiv gefährlicher als die jährlich auftretende Grippe. Impfungen sind um die Größenordnung 1000mal sicherer als die Krankheiten, die durchs Impfen entstehen. Und es gibt keinen „Impfzwang” und auch nicht mal für die Corona-Impfung. Wir hatten in Deutschland einen im internationalen Vergleich ziemlich milden „Lockdown“. Es gibt eine nachweisbare Übersterblichkeit. Ein Mundschutz ist nicht gefährlich. Ja, Grundrechte werden eingeschränkt, aber wir haben keine Diktatur!
Ja, wir sind gefordert! Sorgen wir dafür, dass die Kosten und Lasten der Pandemie von den Gewinnern der Pandemie und von denen, die es sich leisten können, getragen werden und nicht von den oft zitierten Pflegerinnen und Kassiererinnen. Das wird schwer genug werden und das bedeutet auch, dass wir unsere Rechte und Freiheiten in dieser Gesellschaft nicht nur wiederhaben wollen, sondern auch darüber entscheiden wollen, wie diese Pandemie bezahlt wird. Nicht zuletzt müssen wir darüber diskutieren, was sich verändern muss, damit Grundrechtseinschränkungen wirklich demokratisch legitimiert sind. Und wir müssen dafür kämpfen, dass diese Gesellschaft aus den Zeiten der Pandemie lernt, dass die Welt solidarischer und sozialer gestaltet werden muss.
Rudi