Als 2021 die Taliban wieder die Macht in Afghanistan übernahmen, verließen deutsche, amerikanische und andere Soldaten fluchtartig das Land. Zurück blieben die afghanischen Ortskräfte mit dem Versprechen, dass sie bald nachgeholt würden. Viele flohen zusammen mit Zehntausenden anderen ins Nachbarland Pakistan aus Angst vor Racheakten der Taliban. Jetzt sitzen sie dort fest.
In einem aufwändigen Verfahren wurde ein Teil von ihnen durch das Bundesaufnahmeprogramm ausgewählt. Dieses Programm wird nun von der neuen Bundesregierung beendet, obwohl noch rund 2.450 afghanische Geflüchtete – mit gültiger Aufnahmezusage! – in Pakistan auf ihre Ausreise warten – mit ungewissem Ausgang.
Die Situation für die Geflüchteten in Pakistan hat sich dramatisch verschlechtert. Seit Jahrzehnten suchen Millionen Afghanen Schutz vor Krieg und Konflikten im benachbarten Pakistan. Ende 2023 hat Pakistan jedoch mit Massenabschiebungen begonnen – zunächst von nicht registrierten Flüchtlingen. Nach einer Frist für freiwillige Ausreise, hat man seit Ende März 2025 damit begonnen, afghanische Flüchtlinge in 54 Abschiebezentren im ganzen Land festzusetzen und an die Grenze zu bringen.
Für die 2.450 Afghaninnen und Afghanen mit gültiger deutscher Aufnahmezusage verschärft sich die Lage in Pakistan. Jeden Monat müssen sie ihr Visum bei den pakistanischen Behörden verlängern lassen. Das klappt allerdings nur solange die deutsche Zusage gilt, sie auch aufzunehmen.
Sie haben bereits mehrere Prüfverfahren durchlaufen, an denen unter anderem das BAMF, der Bundesverfassungsschutz, das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei beteiligt sind. Jetzt sagt Kanzleramtschef, Thorsten Frei, dass ihre Fälle erneut geprüft werden sollen, mit dem Ziel möglichst viele Aufnahmezusagen wieder zu entziehen.
Der Ex-Fallbearbeiter für das Innenministerium Tilmann Röder hat sich in einem Panorama-Interview dazu geäußert:
“Die Forderung, jeden Einzelfall erneut zu prüfen, ist ein Affront gegenüber allen Beteiligten am Programm. Gegenüber der Koordinierungsstelle und ihren Mitarbeitern, aber auch und insbesondere gegenüber den deutschen Behörden, die jeden Fall genau durchleuchtet haben und jenseits von Zweifeln zum Ergebnis gekommen sind, wer diese Menschen sind und dass sie einen Grund haben, aufgenommen zu werden”.
Auf tageschau.de heißt es weiter:
„Die Koordinierungsstelle war bis Ende 2024 zuständig für die erste Auswahl besonders gefährdeter Afghaninnen und Afghanen, die dann zur weiteren Prüfung an deutsche Behörden weitergegeben wurden. “25 Fachleute aus verschiedenen Themenbereichen haben dort gearbeitet und jeden Fall nach dem Vier-Augen-Prinzip geprüft”, sagt Röder. “Wenn die geringsten Zweifel aufkamen, wurden interne Spezialisten, etwa zu afghanischen Behördenpapieren oder zu Islamismus, herangezogen. Dort wurde sauber gearbeitet und ich habe keine Zweifel an einem einzigen Fall, der damals über unsere Schreibtische gegangen ist.
Die Koordinierungsstelle habe die geprüften Fälle schließlich an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) weitergegeben, das diese noch einmal auf Plausibilität überprüfte. Erst dann wurde das Visum für Deutschland in der deutschen Botschaft in Islamabad ausgestellt. Röder sagt weiter:
“Als Jurist und als Bürger dieses Landes erwarte ich, dass diese Zusagen eingehalten werden. Sie sind insbesondere beim Bundesaufnahmeprogramm rechtlich bindende Zusagen. Ich erwarte auch, dass sie effektiv umgesetzt werden. Man kann nicht so vorgehen, dass man versucht, diese Leute so lange hängen zu lassen, dass sie abgeschoben werden oder anderweitig aufgeben. Das wäre schäbig.”
Es sind Frauen, Journalisten und Menschenrechtsaktivistinnen. Sie haben die deutschen Soldaten unterstützt, haben sich für Demokratie und die Rechte von Frauen eingesetzt und schweben jetzt in höchster Gefahr. Sie zu retten, ist unsere humanitäre Pflicht. Deutschland hat ihnen eine rechtlich verbindliche Zusage gegeben und steht im Wort!
Kabul Luftbrücke hat Ende Mai auf WeAct eine Petition gestartet. Die kannst Du unterstützen:
Quelle: tagesschau.de / Panorama