Kriegsende vor 75 Jahren – Mahnwache in Bergedorf

Am vergangenen Freitag, 8. Mai, jährte sich zum 75. Mal das Ende des Zweiten Weltkrieges und damit die Befreiung von der Nazi-Diktatur – aus diesem Anlass trafen sich rund 30 Teilnehmer zur Mahnwache am Zwangsarbeiterdenkmal in Bergedorf am Schleusengraben. Verschiedene Organisationen entsandten Vertreter zur Mahnwache, darunter VVN, Fluchtpunkt Bergedorf, #Unteilbar-Bergedorf, DKP, Omas gegen Rechts, die Grünen und die SPD.

Nun sind in Corona-Zeiten öffentliche Veranstaltungen nur unter erschwerten Bedingungen durchzuführen; gerade deshalb kommt ihnen im gesellschaftlichen Leben eine besondere Bedeutung zu, um die öffentliche Diskussion zu Themen der Zeit zu unterstützen.

In Bergedorf gab es seit dem Eintreten der Coronavirus-bedingten Kontaktbeschränkungen drei Mahnwachen: am 24. April auf dem Lohbrügger Markt vom »Fluchtpunkt Bergedorf« zur Flüchtlingspolitik und -situation in Griechenland, am 1. Mai vom »Bündnis gegen Rechts« auf dem Bahnhofsvorplatz und jetzt am 8. Mai zum Kriegsende, angemeldet hatte die Veranstaltung Helmuth Sturmhöbel von der Initiative »#Unteilbar Bergedorf«.

Bei der einstündigen Mahnwache erinnerten verschiedene Rednerinnen und Redner an die Bedeutung und die politischen Konsequenzen des Kriegsendes – als Bergedorfer Abgeordnete der Bürgerschaft sprachen Jenny Jasberg (Grüne) und ich, Christel Oldenburg (SPD). Rudi Walter von »#Unteilbar Bergedorf« erinnerte in seinem Beitrag »Alte Nazis – neue Nazis« an die »braune Kontinuität bis heute«.

In meinem Redebeitrag »Befreiung 1945« geht es auch um die Deutung des 8. Mai 1945 – und um die Aufgabe, den 8. Mai 1945 dauerhaft im kollektiven Gedächtnis unserer Gesellschaft zu verankern:

»Wenn auch für viele Deutsche der 8. Mai 1945 einfach nur ein Tag der Erleichterung war, dass nun der Krieg endlich zu Ende ging, so war er für die meisten Menschen eine Befreiung von der Diktatur der Nazis.

Befreiung, Niederlage, Kapitulation – um diese Begriffe rankt sich seitdem die Deutung dieses Tages. Es ist kaum zu glauben, aber es hat 40 Jahre gedauert, bis ins Jahr 1985, dass ein Bundespräsident im Zusammenhang mit dem 8. Mai von Befreiung sprach.

Konnte man damals hoffen, dass diese Sichtweise nun bereit für eine gesellschaftliche Mehrheit war, muss man heute konstatieren: Es gibt sie noch und es gibt sie wieder, diejenigen, die von einer ›großen Niederlage des deutschen Volkes‹ sprechen. Alexander Gauland von der AfD hat artikuliert, was viele Menschen rechts der Mitte denken.

Deshalb ist es wichtig, die Initiative für einen bundesweiten Feiertag als Tag der Befreiung zu unterstützen. Der DGB und viele Initiativen tun es schon. Sorgen wir dafür, dass wir auch in Bergedorf die Diskussion um den 8. Mai als Feiertag entfachen. Gern will ich meinen Beitrag als Bürgerschaftsabgeordnete dazu leisten.­­

Auch Bergedorfs Geschichte ist geprägt durch die Grausamkeiten der Nazi-Diktatur, besonders litten die Gefangenen des KZ Neuengamme unter den Brutalitäten:

Dass wir im Hinblick auf die Deutung des 8. Mai noch viel zu leisten haben, lässt sich auch an unserem Bezirk ablesen. Die Bereitschaft, sich mit den Gräuel im KZ Neuengamme auseinanderzusetzen, nimmt mit der örtlichen Nähe zum KZ ab, haben Wissenschaftler der Gedenkstätte festgestellt.

Dabei waren es SS-Schergen, die im KZ Neuengamme ihren Dienst taten und in Altengamme, Curslack oder Bergedorf wohnten. Zahlreiche Bergedorfer Firmen beschäftigten Zwangsarbeiter aus dem KZ Neuengamme und aus allen Teilen der Welt in ihren Betrieben und auch die Bergedorfer Verwaltung funktionierte unter den Nazis weiter gut.

All diese Tatsachen wurden bis in die 1980er Jahre von einer breiten Mehrheit geleugnet. Dazu zählten auch Mitglieder der SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung und das bedauere ich sehr.«

Alle Fotos: Arne Andersen