Nadir durch die italienischen Behörden festgesetzt

Am 07.06.2025 wurde die Nadir das erste Mal festgesetzt.
Der Vorwurf lautete: Wir hätten die Libysche und Tunesische Küstenwache nicht über unseren Rettungseinsatz informiert, bei dem wir 112 Menschen von einem sehr schlechten Holzboot geholt hatten.

Am 28.06.2025 ist die Nadir wieder ausgelaufen und hat am 05.07.2025 eine Rettung von 59 Menschen durchgeführt. Diesmal in einem überlappenden SAR Gebiet der Tunesier und der Malteser.
Hier der Vorwurf: Nun habt Ihr nur die Tunesier informiert, jedoch nicht die (ewig weit entfernten und nie helfenden) Malteser.

Sowohl für die erste, als auch die zweite Situation haben wir bisher keinen Strafbefehl bekommen.

Wir haben jeweils die Möglichkeit 1/3 der max. Strafe zu bezahlen, das sind € 3.333.- oder zu widersprechen.

Wenn wir bezahlen, bleiben wir auf dem ersten Level. Zahlen wir nicht und verlieren den Einspruch, dann sind wir jetzt schon mit der neuerlichen Festsetzung auf Level 2, was soviel bedeutet, dass wir bei der nächsten Festsetzung auf Level 3 sind und die Nadir beschlagnahmt wird. Auf dem dritten Level haben wir keine aufschiebende Handlungsmöglichkeit mehr. Wir können dann nur in einen gegebenenfalls zwei Jahre dauernden Prozess einsteigen – so lange wird das Schiff festgesetzt.

Meine Einschätzung: Das dem MRCC Rom (Seenotrettungsstelle Rom) vorgesetzte Amt, das NCC (National Coordination Center) hat das MRCC beauftragt dafür zu sorgen, dass wir aus dem Verkehr gezogen werden. Sie haben mitbekommen, dass wir in 2023 5500 Menschen unterstützen konnten, 2024 waren es 2600, mehr als viele andere Schiffe es konnten.

Die großen Schiffe ziehen sie dadurch aus dem Verkehr, dass sie sie 1000nm (ca. 1852 km) nach Norden schicken, nach Ravenna, Livorno, Genua etc. 
Dadurch sind diese nach jeder Rettung 10-12 Tage aus dem Suchgebiet abgezogen und jede Fahrt kostet  € 70-90.000.  Das können sie mit uns nicht machen, also versuchen sie es auf diesem Weg nun mit uns.

Gegen die erste Festsetzung sind wir in Berufung gegangen, der Strafbefehl ist noch nicht da. Über das jetzige Verhalten diskutieren wir gerade seit ein paar Stunden. Tendenz ist jetzt 1/3 zu bezahlen, d.h. € 3.333, um auf dem ersten Level zu verweilen und nicht mit anzusehen, dass das Schiff beim nächsten Mal weg ist. Wenn wir zahlen, haben wir keine Möglichkeit in diesem aktuellen Verfahren noch Einspruch einzulegen.

Wir versprechen uns dadurch noch etwas Zeit zu gewinnen, um die Lage noch besser einschätzen zu können.

Ingo Werth
Captain
Mitglied des Vorstands RESQSHIP e.V.

Über RESQSHIP:
Resqship e. V. fährt seit 2019 Beobachtungsmissionen im zentralen Mittelmeer, um auf die prekäre Situation von Menschen auf der Flucht aufmerksam zu machen und Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Im Ernstfall leisten die Crews unterstützende Maßnahmen zur Seenotrettung und kommen damit ihrer maritimen Pflicht zu helfen nach.

Weitere Informationen zu RESQSHIP: https://resqship.org/ 

Artikel zur ersten Festsetzung der Nadir auf Spiegel online am 10.06.2025 

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