Gedanken über Putins Angriff auf die Ukraine

Hier folgen der vierte und fünfte Artikel zum Krieg in der Ukraine,  diesmal von Therese und Beate:

Dieser Krieg ist ein verbrecherischer Angriffskrieg durch rücksichtsloses und menschenfeindliches Handeln.

Die heutige Situation hat eine Vorgeschichte: Wenn man sich die vergegenwärtigt, wird die Mit- Verantwortung des Westens für diesen Krieg deutlich. Eine gewisse Überheblichkeit und blindes Vertrauen in die Stabilität der Verhältnisse hat mit dazu beigetragen, dass Putin diesen verbrecherischen Krieg entfacht hat:

Wir sollten uns an die Zeiten erinnern, als Putin im deutschen Parlament – es war 2001 – eine Rede hielt, die mit stehendem Beifall beklatscht wurde. Er wollte Russland nach Westen öffnen und wies zugleich auf die Gefahren der Osterweiterung nach 1991 hin. Die Politiker der BRD nahmen ihn aber nicht ernst. Man witzelte hinterher über ihn (vgl. Andreas Zumach, s.u.). 2007 im Sicherheitsrat redete er auch auf verlorenem Posten. So etwas kann ein Machtmensch nicht ertragen, und die Türen nach Europa waren für Russland offenbar geschlossen. Diese Erfahrungen waren möglicherweise auch Auslöser für diesen verheerenden Angriffskrieg seit dem 24.2. gegen die Ukraine. Putin will nun keine demokratischen Systeme mehr entstehen lassen. Andreas Zumach beschreibt in einem Vortrag Ende Februar diese Situation, ihre Geschichte und Folgen in 9 Punkten ziemlich genau. Ebenso Gabriele Krone Schmalz. Beide haben langjährige Erfahrungen in und mit Russland.

Die Europäer haben mit der Osterweiterung die Machtinteressen Russlands übergangen, Russland saß nicht mit am Verhandlungstisch. Putin hat inzwischen seine Fühler nach China, Afrika u.a. ausgestreckt. Ich sehe den Angriff auf die Ukraine auch als Rache für die Behandlung durch die Europäer. Die war nicht auf Augenhöhe. Er wurde belächelt. Was tut ein KGB-Offizier in einer Situation, in der ihn niemand ernst nimmt? Er spielt seine Macht aus, um anerkannt zu werden. Das behauptete Säbelrasseln der Ukraine ist das eigene Säbelrasseln. Eine Behauptung in KGB Manier, um nicht als Aggressor zu erscheinen. Ich habe seine Rede am Montag, den 21.2. angehört. Es war verwirrend, wie er hier Subjekt und Objekt vertauschte. Auf mich wirkte er wie ein Mensch, der nahezu psychotisch unter Verfolgungswahn redete, dabei das, was er schon befohlen hatte – den Einmarsch russischer Truppen -, als Gegenmaßnahme auf den angeblich von der Ukraine geplanten Angriff bezeichnete. Er betonte aber auch, dass man die Sicherheitsinteressen Russlands schon seit der Osterweiterung nicht beachtet hätte. Offenbar beachtet man Russland erst als Angreifer? Die USA hat ihr Ziel erreicht, Russland und Europa sind unverbunden keine Gefahr mehr für ihre Wirtschaftsinteressen. Putin ist der Angreifer, und das ist unverzeihlich, aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass der Westen zu dieser Eskalation beigetragen hat, weil weder Europa noch Amerika noch die Nato Russlands Interessen ernst genommen haben.

Die westliche Welt (USA, Europa) hat die Russen behandelt, als hätten sie den 2. Weltkrieg verloren. Diese Kränkung ist es vermutlich, die einen großen Anteil daran hat, dass Putin jetzt die Kriegskeule schwingt. Unsere Anteilnahme mit den Ukrainern ist hilfreich, aber sie verdeckt, dass hier ein Land für die Versäumnisse des Westens bestraft wird. Die neuerliche Aufrüstung Deutschlands ist zwar schon lange angekündigt, aber jetzt überstürzt und beängstigend.

In den 80 er Jahren haben wir gegen die Wiederbewaffnung mit Raketen in Bonn demonstriert.

Und Jetzt?

Therese


Verständnis für Putin? – Ist der Westen verantwortlich für den Krieg gegen die Ukraine?

Immer wieder lesen wir Kommentare, die zu verstehen geben, dass im Grunde die westlichen Staaten am stattfindenden blutigen Krieg gegen die Ukrainer*innen schuld sind. Man habe den Machthaber Putin mit der Nato-Osterweiterung in die Enge gedrängt sowie mit westlicher Arroganz gekränkt und daher sei sein jetziges Handeln die logische Konsequenz.

Ein Präsident hat vor allem eines, und das ist Verantwortung, für die Menschen seines Landes und alles was sich darum herum rankt, wie Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen. Zusätzlich gibt es die Verantwortung gegenüber den Menschen, die nicht zu seinem Staat gehören, denn wer Macht besitzt, muss auch die Verantwortung für die anderen tragen!

Putin scheint hingegen vor allem seinen ureigensten Idealen und Absichten nachzugehen. Keiner kann genau wissen, was in seinem Kopf vor sich geht, aber es gibt seit 2014 Hinweise darauf, dass er sich als einen Revolutionär im Geiste des rechtsextremen Dugin begreift, einer Ideologie, die an einen Endkampf zwischen »Eurasiern« und »Atlantikern« glaubt und die ihn zu dem begonnenen Krieg antreibt (https://taz.de/Der-russische-Faschist-Alexander-Dugin/!5836919/, https://www.spiegel.de/geschichte/russlands-ueberfall-auf-die-ukraine-wladimir-putin-ist-nicht-verrueckt-er-handelt-ideologisch-konsequent-a-51d52385-74da-4ed5-8c61-50eb0628ffde ).

Eben diese Betrachtungsweise bringt schrecklicherweise die bisherigen Geschehnisse sowie Putins Äußerungen bestens in einen Einklang.

Auch dass er dabei sämtliche Regeln des Völkerrechts bricht, seine „Partner“ angelogen und in die Irre geführt hat, wäre lediglich folgerichtig. Putin ist und war offenbar zu keiner Zeit an einer friedlichen Lösung interessiert. Und er ist dafür verantwortlich, dass gegenwärtig Tausende Menschen sterben oder in unermessliches Leid gestürzt werden. Er trägt die Verantwortung dafür, dass eine seit 80 Jahren in Europa nicht mehr gekannte Fluchtbewegung eingesetzt hat – das Leben und Leid dieser Menschen ist ihm absolut egal.

Russland war einmal ein Teil einer neuen europäischen Friedensordnung, und zwar auch deshalb, weil es sich selbst Richtung Demokratie entwickelt hat. Diese Entwicklung hat Putin umgekehrt (Bekämpfung jeglicher Opposition, Gleichschaltung der Medien) – er will offenbar zurück zu einer Großmacht des 19. Jahrhunderts oder, schlimmer noch, einem faschistischen Staat, bei dem Menschen nur in ihrer für den Staat nützlichen Funktion eine Rolle spielen sollen.

Der brutale Krieg gegen die Bevölkerung sowie die perfide Diffamierung der ukrainischen Regierung als „eine Bande von Drogenabhängigen und Neonazis“, zeigt seine geballte Menschenverachtung.

Wie kann man also einen Aggressor wie Putin in Schutz nehmen, der sich zudem noch der Drohung, Atomwaffen einzusetzen, bedient?

Man kann sich darüber einig sein, dass der Westen einen großen Fehler gemacht hat, die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine nicht kategorisch auszuschließen und Formulierungen zu benutzen, wie „zurzeit stehe eine Mitgliedschaft nicht auf der Agenda“. Vielleicht wäre es ein guter Schritt gewesen, die Ukraine als eine gemeinsam definierte waffenfreie Zone anzubieten. Vielleicht wäre jedoch auch das völlig irrelevant gewesen bei den Planungen Putins.

Wladimir Putin trägt mit seinem narzisstisch-egozentrisch motivierten Krieg die alleinige Verantwortung für diesen Angriffskrieg!

Putin missbraucht seine Macht und sein Handeln ist UNVERANTWORTLICH!

In Gedanken bin ich bei den Menschen in der Ukraine, an die Menschen auf der Flucht und die unglaublich mutigen Menschen, die in Putins Russland auf die Straße gehen und gegen seinen Krieg demonstrieren und bei den Menschen, die verhaftet und misshandelt werden, weil sie gegen Krieg demonstrieren.

Beate