Resqship Pressemitteilung vom 1. Juni 2023:
Nächtlicher Rettungseinsatz auf dem Mittelmeer: Nadir versorgt zeitgleich vier Boote in Seenot
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag unterstützte die Crew des Segelschiffs Nadir vier seeuntüchtige Boote mit insgesamt rund 160 Menschen in der maltesischen Such- und Rettungszone (SAR). Kurz nach Erreichen des ersten Seenotfalls tauchten drei weitere Boote in nächster Umgebung der Nadir auf. Die Crew versorgte die Menschen mit Rettungswesten und nahm sieben Frauen, darunter vier Schwangere, vier Kinder und einen Vater an Bord der Nadir. Gegen halb drei Uhr nachts traf die italienische Küstenwache ein und evakuierte alle Menschen auf ihr Schiff, um sie sicher nach Lampedusa zu bringen.
Am Mittwochabend eilte die Nadir des Vereins Resqship zu einem Seenotfall in der maltesischen SAR-Zone, alarmiert durch den Funkspruch eines Fischerbootes. Als die Crew gegen 22 Uhr das mit 45 Menschen überfüllte und stark kentergefährdete Boot fand, war bereits Wasser darin. Um es zu entlasten, brachte die Crew 31 Menschen auf zwei Rafts und versorgte die übrigen Insassen des Stahlbootes mit Rettungswesten. Kurz darauf entdeckte die Crew des Beibootes in nächster Umgebung drei weitere Boote in Seenot, jedes mit knapp 40 Menschen an Bord. Unter ihnen befanden sich auch mehrere Frauen und Kinder. Die Nadir nahm vier Schwangere, vier Kinder im Alter von ein bis neun Jahren, zwei weitere geschwächte Frauen und einen Vater zu sich an Bord. „Die an Bord genommenen Frauen waren alle seekrank und hatten sich bereits vor Aufnahme mehrfach übergeben. Sie waren hierdurch dehydriert und aufgrund der vollständig durchnässten Kleidung stark unterkühlt. Viele der Menschen standen unter Schock“, beschreibt Bordärztin Annka Fulda die Situation.
Gegen halb drei Uhr nachts traf die italienische Küstenwache ein und übernahm alle Menschen. Da das Küstenwachschiff bereits viele Gerettete aus anderen Booten an Bord hatte, war wenig Platz und die Aktion der Übernahme dauerte etwa drei Stunden. Die Überlebenden konnten in Lampedusa sicher an Land gehen.
„Dank der Hinweise der Fischer konnten wir in der Dunkelheit die weiteren überfüllten Stahlboote im Umkreis von einer Meile finden“, sagt Tobias Drechsel, Fahrer des Beiboots der Nadir. „Die Boote konnten nur über Wasser gehalten werden, weil die Insassen dauernd Wasser herausschöpften.“ Alle drei weiteren Boote wurden ebenfalls mit Rettungswesten versorgt. Es war schwierig, die Situation soweit zu stabilisieren, dass die Sicherheit der Menschen hergestellt werden konnte.
„Ich frage mich immer wieder, wie verzweifelt Menschen sein müssen, wenn sie in solche seeuntüchtige und lebensgefährliche Boote ohne Rettungsmittel steigen“, so Friedrich Reich, Kapitän der Nadir. Die Lage auf dem Mittelmeer bleibt prekär. Erst vergangenen Montag hatte die Nadir 22 Menschen aus Seenot an Bord genommen und nach Lampedusa gebracht. Kurz vor dem nächtlichen Einsatz vom Mittwochabend hatte die Crew bereits ein Stahlboot mit 37 Menschen an Bord über mehrere Stunden bis zur Ankunft der italienischen Küstenwache begleitet, die sie dann übernahm und nach Lampedusa brachte.
Immer mehr Geflüchtete machen sich von Tunesien aus auf den Weg über das Mittelmeer. Am Dienstag ertranken bei einem Schiffsunglück vor Tunesien weitere 13 Menschen. Nach Angaben der tunesischen Nichtregierungsorganisation FTDES wurden zudem seit Anfang des Jahres über 23.000 Schutzsuchende auf dem Mittelmeer von tunesischen Behörden abgefangen und zurückgezwungen.
Über RESQSHIP:
Resqship e. V. fährt seit 2019 Beobachtungsmissionen im zentralen Mittelmeer, um auf die prekäre Situation von Menschen auf der Flucht aufmerksam zu machen und Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Im Ernstfall leisten die Crews unterstützende Maßnahmen zur Seenotrettung und kommen damit ihrer maritimen Pflicht zu helfen nach.
Weitere Informationen zu RESQSHIP: https://resqship.org/
Pressekontakt: Paula Gaess
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