Protest gegen die Protest-Ausstellung im Bergedorfer Museum

Eine Kritik

Jetzt wird sie nach der Corona-Pause wieder zu sehen sein: Die Protest-Ausstellung im Bergedorfer Schloss hat bislang selbst jede Menge Protest hervorgerufen. Viele der dargestellten Gruppen fühlten sich falsch dargestellt, handwerkliche, inhaltliche Fehler in den Texten wie Orte, Zeiten und Begebenheiten wurden bunt durcheinander gewürfelt, einzelne Aussagen durch Darstellung und Text sind wissenschaftlich nicht haltbar, ein roter Faden fehlt.

An dieser Stelle sollen nur sieben kurze Punkte der Kritik herausgegriffen werden:

  1. Eine Ausstellung über Protest muss definieren, wie sich Protest von den Begriffen, Revolution, Rebellion, Aufstand oder Widerstand abgrenzt. Was ist was und was unterscheidet z.B. die Revolution von 1918/1919 vom Hamburger Aufstand oder dem Widerstand der NS-Zeit?
  2. Eine inhaltliche Auseinandersetzung über die Motive, Ursachen, Verläufe des Protestes findet nicht statt.
  3. Deshalb fehlt auch die historische Einordnung der verschiedenen Proteste in den gesellschaftlichen Kontext. Eine reine Aufzählung der Protestgruppen ersetzt dies nicht.
  4. Linksextremismus und Rechtsextremismus werden gleichgesetzt. Das ist ein gängiges Erklärungsmuster – gleichwohl falsch! – , aber die Regenbogen-Gruppe den Nazigruppierungen gegenüber zu stellen, ist infam.
  5. Inszenierungen und die damit getroffenen Aussagen sind sehr fragwürdig. Warum wird die Frauenbewegung durch Kinderwagen und BHs dargestellt? Was hat der Aufkleber „Kommunismus ist Faulheit“ mit der APO zu tun? Warum wird der Einsatz für das Jugendzentrum „Unser Haus“ mit einem Transparent inszeniert, auf dem ein Spruch steht, den die Jugendlichen niemals verwendet haben? Die Aufzählung ließe sich fortsetzen.
  6. In den Texten finden sich sehr viel zweifelhafte Bewertungen. Dass es den Gewerkschaften an „qualifizierten Mitgliedern“ fehlt, kann getrost bestritten werden.
  7. Größter unverzeihlicher Fehler: Die inszenierte Behauptung, dass es im Nationalsozialismus keinen Protest?, keinen Widerstand? gegeben habe, weil dieser verboten war. Als pädagogisches Konzept wird eine schwarze Wand präsentiert. Die Aussage, dass es im Nationalsozialismus keinen Protest gegeben habe, weil Protest dort Widerstand gewesen wäre, ist keine Rechtfertigung. Sie ist auch falsch, weil Protest und Widerstand einander bedingen und zum Thema Widerstand in Bergedorf bereits vor Jahren geforscht wurde und eine Publikation vorliegt. Weiterhin bedauerlich ist es, dass der Protest, der auf dem Gelände des ehemaligen KZ Neuengamme in den letzten Jahrzehnten stattfand, wenn es um die Würdigung der Opfer und die Errichtung, Betrieb und Verlegung der Justizvollzugsanstalt ging, nicht mit einem einzigen Hinweis erwähnt wird.

Fazit: Es bleibt ein Geheimnis, was das Ziel dieser Ausstellung ist. Die Erkenntnis, dass es verschiedene Protestgruppen gegeben hat und gibt, ist arg wenig. Wissenschaftliche Sorgfalt, ein nachvollziehbares Konzept und weniger Klamauk hätten dem Thema gut getan. Eine vertane Chance für lokalgeschichtliche Aufklärung.

Diskussionsbeiträge sind erwünscht: Redaktion@unteilbar-bergedorf.org.