Die Nadir braucht dringend sicheren Hafen – Behörden verweigern Koordination
Das deutsche Segelschiff Nadir hat am Freitag in den frühen Morgenstunden 59 Menschen aus einem seeuntüchtigen, manövrierunfähigen und völlig überfüllten Schlauchboot im zentralen Mittelmeer zu sich an Bord genommen und deren Erstversorgung übernommen. Die Crew der Nadir wartet seit über 24 Stunden vergeblich auf Hilfe durch die zuständigen Seenotrettungsleitstellen.
Nach einem Notruf von Alarmphone hatte die Nadir das Schlauchboot südlich von Lampedusa in internationalen Gewässern gefunden. An Bord befanden sich 59 Menschen, davon zwei Frauen (eine Schwangere), zehn Minderjährige und ein eineinhalbjähriges Kleinkind. Da ihr Boot stark kentergefährdet war und Wind und Wellen stärker wurden, nahm die Crew der Nadir alle zu sich an Bord und übernahm die Erstversorgung der Menschen. „Viele von ihnen sind seekrank und stark dehydriert, einige mussten wir mithilfe von Infusionen stabilisieren“, sagt Chantelle Kinsella, Medizinerin auf der Nadir. „Die gesundheitliche Situation wird immer schlimmer und droht zu eskalieren. Es ist extrem heiß und die Menschen sitzen ohne jeglichen Schutz in der prallen Sonne.“
Die Nadir hat umgehend die Seenotrettungsleitstelle ihres Flaggenstaates (MRCC Bremen) sowie die Leitstellen in Malta und Italien um Hilfe gebeten, um die Rettung der Menschen auf ein größeres Schiff in die Wege zu leiten. Denn das 18 Meter lange Segelschiff ist zu Beobachtungsmissionen unterwegs und kann zwar die Erstversorgung von Schiffbrüchigen leisten, ist jedoch nicht für die längere Versorgung von so vielen Menschen an Bord ausgelegt. Die Menschen sitzen dicht zusammengedrängt auf dem Vorschiff und sind Wind und Wetter ausgesetzt.
Die Ocean Viking, das Rettungsschiff von SOS Méditerranée, befand sich zu dem Zeitpunkt in der Nähe und hätte die Menschen von der Nadir übernehmen können, doch dafür wäre eine Koordination der zuständigen Rettungsleitstelle notwendig gewesen. Diese hat das MRCC Bremen jedoch verweigert und an die Rettungsleitstellen in Italien und Malta verwiesen. Doch auch diese waren nicht bereit, die Koordination der Rettung zu übernehmen. „Es ist für uns absolut unverständlich, dass die Rettungsleitstellen eine solche Koordination verweigern und damit die Gesundheit der Menschen an Bord aufs Spiel setzen“, sagt Friedrich Reich, Vorstandsvorsitzender von RESQSHIP e.V. Seit Samstagmorgen liegt die Nadir vor Lampedusa und wartet auf einen sicheren Hafen, damit die Menschen endlich an Land gehen können.
Über RESQSHIP:
Resqship e. V. fährt seit 2019 Beobachtungsmissionen im zentralen Mittelmeer, um auf die prekäre Situation von Menschen auf der Flucht aufmerksam zu machen und Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Im Ernstfall leisten die Crews unterstützende Maßnahmen zur Seenotrettung und kommen damit ihrer maritimen Pflicht zu helfen nach. Weitere Informationen zu RESQSHIP: https://resqship.org/
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